Otto Schmidt Verlag

OLG Oldenburg 1.6.2010, 13 UF 36/10

Festsetzung der Steuervorauszahlung kann zu erstattender Nachteil beim begrenzten Realsplitting sein

Im Fall des begrenzten Realsplittings liegt bereits in der Festsetzung der Steuervorauszahlungen ein gegenwärtiger Nachteil für die unterhaltsberechtigte Person. Der Unterhaltsberechtigte braucht keine Mittel aus dem laufenden Unterhalt zu entnehmen, um die Steuervorauszahlungen vorschussweise für den Pflichtigen zu übernehmen.

Sachverhalt:
Der Antragsgegner war aufgrund eines 2008 geschlossenen Vergleichs verpflichtet, der Antragstellerin nachehelichen Unterhalt zu zahlen. Die Parteien hatten vereinbart, dass fünf Jahre lang jeweils im April ein Betrag von 12.000 € gezahlt werden soll. Außerdem waren die Parteien übereingekommen, vom begrenzten Realsplitting Gebrauch zu machen und hierfür sämtliche erforderlichen Mitwirkungshandlungen vorzunehmen. Der Antragsgegner verpflichtete sich dabei, die Antragstellerin von jeglichen Nachteilen aus der Wahrnehmung des begrenzten Realsplittings freizustellen.

Im November 2009 wurde die Antragstellerin vom Finanzamt zur Nachzahlung für das Kalenderjahr 2008 und zur Vorauszahlung für 2009 veranlagt. Außerdem wurden von der Behörde quartalsmäßige Vorauszahlungen für das Jahr 2010 festgesetzt. Der Antragsgegner zahlte den Nachzahlungsbetrag für 2008. Die Antragstellerin beglich die Vorauszahlung für 2009 und verlangte das Geld später im Familienstreitverfahren vom Antragsgegner zurück. Die Parteien einigten sich darauf, dass der Antragsgegner den Betrag ohne Anerkennung einer Rechtspflicht an die Antragstellerin zahlt und erklärten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt.

Das AG entschied daraufhin, dass die Kosten des Verfahrens dem Antragsgegner auferlegt werden, da dieser voraussichtlich in der Hauptsache unterlegen gewesen wäre. Er habe sich in dem Vergleich verpflichtet, die Antragstellerin von jeglichen Nachteilen aus der Inanspruchnahme des Realsplittings freizustellen, und ein derartiger Nachteil sei der Antragstellerin hier schließlich entstanden.

Der Antragsgegner beantragte mit seiner Beschwerde, der Antragstellerin die Verfahrenskosten aufzuerlegen. Das OLG wies die Beschwerde zurück. Allerdings wurde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Gründe:
Es entsprach dem billigen Ermessen, die Kosten des Verfahrens dem Antragsgegner aufzugeben, da er voraussichtlich in der Hauptsache unterlegen gewesen wäre.

Mit der Festsetzung der Jahressteuer steht der steuerliche Nachteil für den Unterhaltsberechtigten und die Verpflichtung des Unterhaltspflichtigen zum Ersatz desselben fest. Insoweit wies der Antragsgegner hier zwar zu Recht darauf hin, dass es sich zuvor nur um eine auflösend bedingte Steuerlast handelte. Von dieser steuerrechtlichen Feststellung zu unterscheiden war jedoch die Frage, ob sich aus dem Unterhaltsrechtsverhältnis eine Verpflichtung des Unterhaltspflichtigen zum Ausgleich eines Nachteils bereits dann ergibt, wenn der Unterhaltsberechtigte von seinem Finanzamt zur Zahlung einer Steuervorauszahlung herangezogen wird. Diese Frage wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet.

Nach Auffassung des Senats lag bereits in der Festsetzung der Steuervorauszahlungen ein gegenwärtiger Nachteil für die Antragstellerin vor. Dass die Beteiligten das begrenzte Realsplitting für das fragliche Jahr 2009 tatsächlich durchführen wollten, entsprach ihrer ausdrücklichen Vereinbarung im Vergleich. In unterhaltsrechtlicher Sicht diente das Realsplitting den Interessen beider Seiten, da davon ausgegangen werden konnte, dass sich die Einkommensverhältnisse des Pflichtigen verbesserten. An der Verbesserung der Einkommensverhältnisse des Pflichtigen partizipiert der Berechtigte über die Unterhaltsquote.

Der Unterhaltsberechtigte braucht keine Mittel aus dem laufenden Unterhalt zu entnehmen, um die Steuervorauszahlungen vorschussweise für den Pflichtigen zu übernehmen. Dieser hat immerhin die Möglichkeit, durch Eintragung eines Freibetrags den steuerlichen Vorteil bereits im laufenden Jahr zu realisieren, während der Berechtigte erst nach Abschluss des Kalenderjahres die Steuererklärung abgeben kann und den Erlass des Jahressteuerbescheids abwarten muss, bevor die ihm vom Unterhaltspflichtigen zu ersetzende Belastung feststeht. Es war der Antragstellerin daher nicht zuzumuten, Zinsnachteile aufgrund einer Vorfinanzierung der Steuerbelastung hinzunehmen.

Für den in der Rechtsprechungsdatenbank der niedersächsischen OLG veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 14.10.2010 10:57
Quelle: Rechtsprechungsdatenbank der niedersächsischen OLG

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