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Sorgerecht: Ledige Väter haben schon vor der Reform mehr Rechte

Ab sofort können ledige Väter eine gerichtliche Entscheidung beantragen, wenn dem gemeinsamen Sorgerecht die Zustimmungsverweigerung der Mutter entgegensteht. Aufgrund der vorläufigen Anordnungen des BVerfG besitzen die betroffenen Väter neue Rechtsschutzmöglichkeiten und müssen nicht auf die gesetzliche Neuregelung warten.

Das BVerfG hat am 21.7.2010 die bisherige Regelung für verfassungswidrig erklärt. Die Tatsache, dass den betroffenen Vätern das gemeinsame Sorgerecht generell verwehrt bleibt, wenn die Mütter ihre Zustimmung verweigern, verletzt das verfassungsrechtlich geschützte Elternrecht des jeweiligen Vaters. Zuvor hatte schon der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg entschieden, dass es gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoße, dass Väter bei Anwendung der deutschen Vorschriften bisher nicht die Möglichkeit haben, eine Zustimmungsverweigerung der Mutter gerichtlich überprüfen zu lassen.

Infolgedessen gilt bis zum Inkrafttreten der Neuregelung Folgendes:

  • Sind Eltern bei der Geburt ihres Kindes nicht miteinander verheiratet, erhält zunächst die Mutter das alleinige Sorgerecht kraft Gesetzes.
  • Sind sich die Eltern einig, dass sie gemeinsam die elterliche Sorge ausüben wollen, können sie übereinstimmende Sorgeerklärungen abgeben. Daran ändert auch die vorläufige Anordnung des BVerfG nichts. Denn es nimmt für die Übergangszeit ausdrücklich das alte Regelungskonzept zum Ausgangspunkt, wonach die Begründung der gemeinsamen Sorge von der Abgabe gemeinsamer Sorgeerklärungen abhängig ist. Die übereinstimmenden Sorgeerklärungen müssen öffentlich beurkundet werden, durch den Notar oder das Jugendamt.
  • Verweigert die Mutter ihre Zustimmung zur gemeinsamen Sorge, obwohl der Vater eine gemeinsame Sorgeberechtigung wünscht, kommt also eine übereinstimmende Sorgeerklärung nicht zustande, so kann der Vater ab sofort die Entscheidung des Familiengerichts beantragen, egal, seit wann die gemeinsame Sorge verweigert wird, und egal, wie alt das Kind ist. Das ergibt sich aus der Übergangsregelung durch das BVerfG. Das Familiengericht überträgt den Eltern das gemeinsame Sorgerecht (oder einen Teil davon), soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht. Dadurch sollen bei der gerichtlichen Einzelfallentscheidung die Belange des Kindes maßgeblich Berücksichtigung finden, die Zugangsvoraussetzungen zur gemeinsamen Sorge jedoch nicht zu hoch angesetzt werden.
  • Verweigert die alleinsorgeberechtigte Mutter (bei nicht nur vorübergehendem Getrenntleben der Eltern) die Zustimmung zur Übertragung der Alleinsorge auf den Vater, so bestand bisher ebenfalls keine gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit. Auch für diesen Fall hat das Bundesverfassungsgericht nun eine Übergangsregelung vorgesehen. Danach ist bei einem solchen Verfahren auf Übertragung der Alleinsorge von der Mutter auf den Vater eines nichtehelichen Kindes zunächst zu prüfen, ob nicht eine gemeinsame Sorgetragung in Betracht kommt. Erst wenn dies nicht der Fall ist und wenn gleichzeitig zu erwarten ist, dass die Übertragung der Alleinsorge auf den Vater - ganz oder zum Teil - dem Kindeswohl am besten entspricht, ist sie vorzunehmen. Die Familiengerichte übertragen dann unabhängig von der Zustimmung der Mutter dem Vater die alleinige elterliche Sorge (oder einen Teil davon), weil eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl am besten entspricht.

Auf den Webseiten des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) finden Sie weitere Fragen und Antworten zu dem Thema hier (pdf-Format).

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.10.2010 13:29
Quelle: BMJ PM vom 19.8.2010

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