Otto Schmidt Verlag

BFH 23.3.2011, II R 33/09

Zur Steuerbefreiung des Grundstückserwerbs im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung

In Fällen, in denen Eheleute zur Regelung der Vermögensauseinandersetzung hinsichtlich ihrer Scheidung vereinbaren, dass sie vorerst Miteigentümer des weiterhin von einem Ehegatten und dem gemeinsamen Kind genutzten Wohnhauses bleiben und in denen der nutzende Ehegatte ein  Ankaufsrecht für den Miteigentumsanteil des anderen erhält, ist ein nach der Scheidung aufgrund des Ankaufsrechts erfolgter Erwerb vom früheren Ehegatten nach § 3 Nr. 5 GrEStG steuerfrei. Dies gilt allerdings nicht für den Grundstückserwerb vom Gesamtrechtsnachfolger des geschiedenen Ehegatten.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin und ihr früherer Ehemann (E.) waren je zur Hälfte Miteigentümer eines Einfamilienhauses. Nach dem Auszug des E. wurde das Haus weiterhin von der Klägerin und dem gemeinsamen Sohn bewohnt. Die Ehe wurde 1991 geschieden. Bereits zuvor hatten die Eheleute im Hinblick auf die damals bereits beabsichtigte Scheidung einen notariell beurkundeten Auseinandersetzungsvertrag abgeschlossen, in dem sie vereinbarten, dass es vorerst bei den bestehenden Eigentumsverhältnissen bleiben solle. Der E. räumte, auch mit Wirkung gegenüber seinen Rechtsnachfolgern, der Klägerin das Recht ein, seinen Miteigentumsanteil zu kaufen, sobald sie dies verlangt. Als Kaufpreis war der zum Zeitpunkt der Ausübung des Ankaufsrechts geltende hälftige Verkehrswert des Gesamtobjekts vereinbart.

Der E. verstarb im Mai 2003 und wurde von seiner zweiten Ehefrau (Z.) beerbt. Die Klägerin einigte sich mit der Z. hinsichtlich des Miteigentumsanteils auf einen Kaufpreis von 75.000 €. Z. übertrug der Klägerin den Miteigentumsanteil. Daraufhin setzte das Finanzamt für den Erwerbsvorgang Grunderwerbsteuer von 2.625 € gegen die Klägerin fest.

Die Klägerin war der Ansicht, ihr stünde eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 GrEStG zu, weil sie das Ankaufsrecht bereits wirksam gegenüber E. ausgeübt habe, Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Es war der Ansicht, es sei wegen der der fehlenden Einigung über den Kaufpreis mit E. nicht zur Ausübung des Ankaufsrechts gekommen. Infolgedessen habe die Klägerin den Miteigentumsanteil nicht von ihm, sondern von Z. erworben.

Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG muss im weiteren Verfahren prüfen, ob die Klägerin ihr Ankaufsrecht gegenüber E. ausgeübt und dadurch bereits vor dessen Ableben einen Übereignungsanspruch erworben hatte.

Entgegen der Auffassung des FG war für die wirksame Ausübung des Ankaufsrechts noch vor dem Ableben des E. nicht erforderlich, dass sich die Klägerin und E. über die genaue Höhe des Kaufpreises für den erworbenen Miteigentumsanteil geeinigt haben. Da der Kaufpreis aufgrund der notariellen Vereinbarung bestimmbar war, könnte mit einer Ausübung des Ankaufsrechts gegenüber E. ein Anspruch der Klägerin auf Übereignung des Miteigentumsanteils i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entstanden sein. Dieser Erwerb wäre nach § 3 Nr. 5 GrEStG steuerfrei. In diesem Fall könnte der vom Finanzamt der Besteuerung unterworfene Vertrag nicht zum nochmaligen Entstehen von Grunderwerbsteuer führen.

Ließe sich dagegen eine Ausübung des Ankaufsrechts gegenüber E. nicht feststellen, wäre die Besteuerung des zwischen der Klägerin und Z. geschlossenen Vertrags rechtmäßig. Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 GrEStG würde dann nicht eingreifen, weil die Vorschrift nicht den Grundstückserwerb vom Gesamtrechtsnachfolger des geschiedenen Ehegatten begünstigt. Dies gilt selbst dann, wenn die Grundstücksübertragung im Zusammenhang mit der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung erfolgt. Ein steuerfreier Erwerb vom Gesamtrechtsnachfolger des geschiedenen Ehegatten war nach der Intention des Gesetzgebers nicht vorgesehen. Im Wege der Auslegung darf kein durch das Gesetz nicht belegter Begünstigungstatbestand geschaffen werden.

Auch eine analoge Anwendung des § 3 Nr. 5 GrEStG kommt in solchen Fällen nicht in Betracht. Denn es ist insoweit keine Gesetzeslücke erkennbar. Dass § 3 Nr. 5 GrEStG die Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung und damit - im Gegensatz zu § 3 Nr. 4 GrEStG - nur bestimmte Grundstücksübertragungen begünstigt, führt nicht dazu, die Steuerbefreiung in personenbezogener Hinsicht auf Gesamtrechtsnachfolger auszudehnen. Mit dem Ableben des Erblassers ist zugleich der Grund für die Steuerbefreiung, das begünstigte Verhältnis zwischen den geschiedenen Ehegatten, erloschen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.07.2011 11:34
Quelle: BFH online

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