Otto Schmidt Verlag

FG Köln 16.6.2011, 10 K 4736/07

Keine Zusammenveranlagung mit der im Koma liegenden Ehefrau bei Zusammenleben mit neuer Partnerin und dem gemeinsamen Kind

Eine Zusammenveranlagung mit der im Koma liegenden Ehefrau kommt nicht in Betracht, wenn der Ehemann bereits mit einer neuen Partnerin zusammenlebt und aus dieser Beziehung ein Kind hervorgegangen ist. Nach dem grundgesetzlichen Gebot der Einehe (Art. 6 GG) können bei einer Person nicht gleichzeitig zwei Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaften vorliegen.

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist verheiratet und bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Seine Ehefrau, mit der er zwei Kinder hat, liegt nach einem Badeunfall im Wachkoma und wird seit Februar 2003 in einem Pflegeheim betreut. Im Oktober 2003 wurde auf das Konto des Klägers eine Invaliditätsentschädigung i.H.v. 232.352 € ausgezahlt. Kapitaleinkünfte wurden allerdings weder für 2004 noch für 2005 erklärt. Die Kosten der Heimunterbringung im Streitjahr 2006 wurden aus den Versicherungsleistungen bestritten.

Nach dem Unfall wurden die Kinder des Klägers zunächst von der Schwester des Klägers betreut. Seit Oktober 2004 lebt Frau B im Haushalt des Klägers, nach Angaben des Klägers zunächst, um den Haushalt zu führen und die Kinder zu versorgen. Der Kläger habe B in seinem Heimatland über die Familie kennengelernt und mit nach Deutschland gebracht. Diese habe dann gegen Kost und Logis den Haushalt des Klägers geführt und die Kinder betreut. Zahlungen für die Dienste von B leistete der Kläger nicht. Im Juli 2006 wurde ein gemeinsames Kind des Klägers und der B geboren.

Mit der Einkommensteuererklärung 2006 beantragte der Kläger die Durchführung einer Zusammenveranlagung mit seiner Frau. Das Finanzamt folgte dem nicht und lehnte im Einkommensteuerbescheid eine Zusammenveranlagung ab. Zur Begründung führte es aus, es bestehe eine neue Lebens- und Haushaltsgemeinschaft mit B. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, ob besondere Lebensumstände denkbar sind, die es rechtfertigen können, nebeneinander zwei Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaften zu bejahen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Recht keine Zusammenveranlagung des Klägers mit seiner Ehefrau durchgeführt, weil diese im Streitjahr 2006 dauernd getrennt gelebt haben.

Bei einem Antrag der Ehegatten auf Zusammenveranlagung besteht in der Regel eine Vermutung dafür, dass sie nicht dauernd getrennt leben. Leben Ehegatten durch zwingende äußere Umstände für unabsehbare Zeit räumlich getrennt (etwa in Fällen langer Krankheit oder bei Verbüßung lebenslanger Haftstrafen), so kann die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft gleichwohl noch bestehen.

Der BFH betont in diesem Zusammenhang allerdings, dass bei der Frage, ob getrennt wohnende Ehegatten auch getrennt leben, berücksichtigt werden kann, ob ein Ehegatte mit einer anderen Person zusammenlebt. Lebt er mit dieser Person zusammen und ist ein gemeinsames Kind vorhanden, so kann dies darauf schließen lassen, dass eine Lebensgemeinschaft mit dem Ehegatten nicht mehr besteht.

Im Streitfall war von einem dauernden Getrenntleben des Klägers von seiner Ehefrau auszugehen. Es erscheint ausgeschlossen, die B lediglich als “Hausangestellte“ zu sehen. Spätestens mit der Geburt des gemeinsamen Kindes ist von der Begründung einer neuen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft auszugehen, durch die die Gemeinschaft mit der im Koma liegenden Ehefrau aufgehoben worden ist. Nach dem grundgesetzlichen Gebot der Einehe (Art. 6 GG) können bei einer Person nicht gleichzeitig zwei Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaften vorliegen.

Linkhinweis:

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 02.08.2011 10:52
Quelle: FG Köln PM vom 1.8.2011

zurück zur vorherigen Seite