Otto Schmidt Verlag

BGH 15.6.2011, XII ZR 94/09

Zur Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts

Der Gesetzgeber hatte mit der Neuregelung des § 1570 BGB dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über drei Jahre hinaus auferlegt. Ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen allein auf das Kindesalter, abstellt, wird selbst dann den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht, wenn die Altersphasen nur als Regelfall behandelt werden, die Begründung der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils aber nicht auf individuelle Einzelumstände gestützt ist.

Der Sachverhalt:
Die Parteien hatten im Mai 1999 geheiratet. Zwei Monate später wurde die gemeinsame Tochter geboren. Seit Februar 2005 ist die Ehe rechtskräftig geschieden.

Das Kind lebte von Juli 2003 bis Dezember 2005 in einer Pflegefamilie. Seit Januar 2006 lebt es bei der Beklagten. Mit einem Vergleich aus Juli 2007 verpflichtete sich der Kläger zur Zahlung nachehelichen Unterhalts an die Beklagte i.H.v. monatlich 440 € ab September 2006. Die Beklagte arbeitet halbtags.

Der Kläger begehrte mit einer Abänderungsklage den Wegfall seiner Unterhaltspflicht für die Zeit ab Februar 2008. AG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts hielten den Angriffen der Revision nicht stand. Die zur Begründung angeführten Umstände konnten weder als individuelle kindbezogene noch als individuelle elternbezogene Gründe eine Fortdauer des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus rechtfertigen.

Der Gesetzgeber hatte mit der Neuregelung des § 1570 BGB dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt. Kind- und elternbezogene Umstände, die aus Gründen der Billigkeit zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus führen können, sind deswegen vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Hier fehlten allerdings jegliche Feststellungen dazu, ob und in welchem Umfang eine persönliche Betreuung der gemeinsamen Tochter durch die Beklagte in den Nachmittagsstunden erforderlich ist.

Zutreffend rügte der Kläger, dass das OLG bei seiner Beurteilung der Erwerbsobliegenheit der Beklagten überwiegend von dem dargelegten Altersphasenmodell ausgegangen war. Ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen allein oder wesentlich auf das Alter des Kindes, etwa bis zum achten und zum zwölften Lebensjahr, abstellt, wird allerdings den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht. Das gilt auch, wenn solche Altersphasen - wie hier - nur als Regelfall behandelt werden, innerhalb dessen die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind, die Begründung der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils aber nicht auf individuelle Einzelumstände gestützt ist.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 03.08.2011 14:11
Quelle: BGH online

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