Otto Schmidt Verlag

BGH 26.10.2011, XII ZB 567/10

Zum Versorgungsausgleich bei Fortsetzung eines vom Scheidungsverbund abgetrennten Verfahren nach dem 1.9.2009

Zwar ist in Fällen, in denen ein zuvor abgetrenntes Verfahren zum Versorgungsausgleich schon vor dem 1.9.2009 fortgesetzt wurde, weiterhin das frühere materielle Recht und Verfahrensrecht anwendbar ist. Wurde ein vom Scheidungsverbund abgetrenntes und zunächst ausgesetztes Verfahren zum Versorgungsausgleich erst nach Wirksamkeit des die Aussetzung aufhebenden Beschlusses des OLG ab dem 1.9.2009 fortgesetzt, ist auf die selbständige Familiensache allerdings das seit dem 1.9.2009 geltende materielle neue Recht zum Versorgungsausgleich anwendbar.

Der Sachverhalt:
Die Ehe des heute 46-jährigen Antragstellers mit der 44-jährigen Antragsgegnerin wurde 2008 nach über 20 Jahren rechtskräftig geschieden. Das Verfahren zum Versorgungsausgleich war am 1.9.2008 abgetrennt worden. Mit weiterem Beschluss vom 27.5.2009 hat das AG das Verfahren betreffend den Versorgungsausgleich "bis zum Vorliegen eines einheitlichen Rentenwertes für das gesamte Bundesgebiet ausgesetzt". Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) hob das OLG die Entscheidung mit Beschluss vom 27.8. 2009, rechtskräftig seit dem 6.10.2009, auf und die wies die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das AG zurück.

Mit Beschluss vom 10.5.2010 hat das AG den Versorgungsausgleich auf der Grundlage des vor dem 1.9.2009 geltenden Rechts durchgeführt. Das OLG wies die Beschwerde der Beteiligten zu 1), die gegen die Anwendung des früheren Rechts zum Versorgungsausgleich gerichtet war, zurück. Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1), mit der diese weiterhin die Durchführung des Versorgungsausgleichs nach neuem Recht beanspruchte, hob der BGH den Beschluss auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Das abgetrennte Verfahren zum Versorgungsausgleich war nach der Wiederaufnahme auf der Grundlage des ab dem 1.9.2009 geltenden Rechts durchzuführen.

Wurde ein vom Scheidungsverbund abgetrenntes und zunächst ausgesetztes Verfahren zum Versorgungsausgleich erst nach Wirksamkeit des die Aussetzung aufhebenden Beschlusses des OLG ab dem 1.9.2009 fortgesetzt, ist auf die selbständige Familiensache (Art. 111 Abs. 4 FGG-RG) auch das seit dem 1.9.2009 geltende materielle Recht zum Versorgungsausgleich anwendbar. Soweit das OLG hier über eine teleologische Reduktion des § 48 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG zu einer Anwendbarkeit des alten Rechts gelangen wollte, ging es dabei von unzutreffenden Voraussetzungen aus.

Zwar war es im Einklang mit der überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung davon ausgegangen, dass in Fällen, in denen ein zuvor abgetrenntes Verfahren zum Versorgungsausgleich schon vor dem 1.9.2009 fortgesetzt wurde, weiterhin das frühere materielle Recht und Verfahrensrecht anwendbar ist. Doch lag hier ein solcher Fall nicht vor. Schließlich hatte das AG das Verfahren zum Versorgungsausgleich mit Urteil vom 1.9.2008 vom Scheidungsverbund abgetrennt und zunächst nicht weiter betrieben. Mit Beschluss vom 27.5.2009 hat es das Verfahren zum Versorgungsausgleich schließlich ausgesetzt. Diese Entscheidung wurde zwar durch den OLG-Beschluss vom 27.8.2009 aufgehoben. Die Entscheidung wurde allerdings erst nach dem 31.8.2009 wirksam, weil sie den Beteiligten erst danach zugestellt wurde.

Infolgedessen wurde erst danach das zuvor abgetrennte und später ausgesetzte Verfahren wieder aufgenommen. Einer teleologischen Reduktion des § 48 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG fehlte damit die Grundlage. Deshalb war auf die nach Art. 111 Abs. 4 FGG-RG fortzuführende selbständige Familiensache auch das seit dem 1.9.2009 geltende materielle Recht zum Versorgungsausgleich anwendbar.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 12.12.2011 17:53
Quelle: BGH online

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