Otto Schmidt Verlag

Brandenburgisches OLG 21.2.2012, 10 UF 253/11

Unbefristeter Unterhaltsanspruch bei über 30-jähriger Ehe und Ausbildungsabbruch infolge Eheschließung und Kinderbetreuung

Hat die Ehefrau infolge Eheschließung und Kinderbetreuung ihre Berufsausbildung abgebrochen und erzielt aus diesem Grunde später lediglich geringe Einkünfte, so ist der Ehemann nach Scheidung der 30 Jahre andauernden Ehe zur Unterhaltsleistung verpflichtet. Er muss den im Einkommensunterschied liegenden ehebedingten Nachteil angesichts der Dauer der Ehe unbefristet und ohne Abzüge ausgleichen.

Der Sachverhalt:
Die heute 50-jährige Ehefrau brach im Alter von 17 Jahren ihre Ausbildung zur Gärtnerin ab, weil das erste gemeinsame Kind geboren wurde. Nach der Eheschließung holte sie bis heute keine Berufsausbildung mit einem Berufsabschluss nach. Sie betreute vielmehr die beiden Kinder, übte verschiedene Nebentätigkeiten aus und absolvierte einige Weiterbildungsveranstaltungen. Derzeit kann sie mtl. 1.000 € verdienen. Der Ehemann ist vollschichtig als Kraftfahrer tätig und verdient rund 1.500 € mtl.

Das AG schied die Ehe, die über 30 Jahre hielt, und führte den Versorgungsausgleich durch. Außerdem sprach es der Ehefrau mtl. zu zahlenden nachehelichen Unterhalt zu. Gegen die Verpflichtung zur Unterhaltszahlung wendet sich der Ehemann mit seiner Beschwerde. Er will keinen Unterhalt zahlen bzw. seine Verpflichtung auf einen angemessenen Zeitraum befristen. Er trägt vor, seine geschiedene Ehefrau wäre auch ohne die Ehe ohne Berufsabschluss geblieben.

Das OLG wies die Beschwerde zurück und bestätigte die Entscheidung des AG im Grundsatz. Die Rechtsbeschwerde zum BGH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Das AG hat der Ehefrau zu Recht mtl. zu zahlenden nachehelichen Unterhalt zugesprochen. Für die vom Antragsteller geltend gemachte Befristung oder eine Herabsetzung dieses Unterhaltsanspruchs gem. § 1578 b BGB ist kein Raum.

Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Ehefrau ohne die Ehe, die Kinderbetreuung und die in der Ehe praktizierte Rollenverteilung auch heute ungelernten Tätigkeiten nachgehen würde. Die Ehefrau befand sich damals bereits ein Jahr in der Berufsausbildung und hätte sie nach allgemeiner Erfahrung auch abgeschlossen.

Es ist insofern davon auszugehen, dass sie als Landschaftsgärtnerin jedenfalls ein ähnlich hohes Einkommen wie ihr Ehemann hätte erzielen können. Der Ehemann muss den in dem Einkommensunterschied liegenden ehebedingten Nachteil deshalb angesichts der über 30-jährigen Dauer der Ehe unbefristet und ohne Abzüge ausgleichen.

Linkhinweis:

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 16.04.2012 10:14
Quelle: Brandenburgisches OLG PM vom 1.9.2011

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