Otto Schmidt Verlag

BGH 4.7.2012, XII ZR 80/10

Zum Stichtag für die Begrenzung der Zugewinnausgleichsforderung

Durch die Neuregelung des § 1384 BGB ist der Stichtag für die Begrenzung der Zugewinnausgleichsforderung auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags vorverlegt worden, ohne dass eine einschränkende Auslegung dahin, dass bei einem vom Ausgleichspflichtigen nicht zu verantwortenden Vermögensverlust die Begrenzung des § 1378 Abs. 2 S. 1 BGB an die Stelle derjenigen des § 1384 BGB tritt, in Betracht kommt. § 1381 BGB kann allerdings in bestimmten Fällen eine Korrektur grob unbilliger Ergebnisse ermöglichen.

Der Sachverhalt:
Die Parteien hatten Juni 1997 geheiratet und lebten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Der Scheidungsantrag wurde am 1.3.2006 zugestellt. Durch Verbundurteil vom 25.11.2009 wurde die Ehe geschieden. Das Urteil ist hinsichtlich des Scheidungsausspruchs seit dem 7.4.2010 rechtskräftig.

Die Antragstellerin hatte während der Ehezeit keinen Zugewinn erzielt. Der Antragsgegner verfügte am 1.3.2006 über ein Endvermögen von rund 44.970 €. Es ließ sich ein Zugewinn von 39.918 € errechnen. Der Antragsgegner machte geltend, die Ausgleichsforderung der Antragstellerin sei durch sein zum Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes vorhandenes Vermögen begrenzt. Er habe im September 2009 nur noch über Vermögen i.H.v. rund 6.200 € verfügt und sei inzwischen faktisch vermögenslos. Der Wert seines Aktiendepots sei gefallen und ihm seien aufgrund der vielen Verfahren und Umgangskontakte mit seinen Söhnen erhebliche Mehraufwendungen angefallen, die er nicht von seinem laufenden Einkommen habe bestreiten können.

Das AG verurteilte den Antragsgegner dazu, an die Antragstellerin einen Zugewinnausgleich von 16.191 € zu zahlen. Das OLG reduzierte den Zahlbetrag auf 12.358 €. Die hiergegen gerichtete Revision des Antragsgegners blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Die Annahme des Berufungsgerichts, der Berechnungszeitpunkt für die Begrenzung der Zugewinnausgleichsforderung sei durch die Neufassung des § 1384 BGB vorverlagert worden, war rechtlich nicht zu beanstanden.

Mit der Neuregelung soll erreicht werden, dass Vermögensänderungen nach Zustellung des Scheidungsantrags die Höhe des Anspruchs nicht mehr beeinflussen können. Dadurch soll die Rechtsposition des von einer illoyalen Vermögensminderung betroffenen Ehegatten gestärkt werden. Zwar wird dieses Ergebnis im Schrifttum für den Fall kritisiert, dass ein redlicher Ausgleichsschuldner sein Vermögen in dem vorgenannten Zeitraum unverschuldet ganz oder teilweise verliert, etwa durch den Kurseinbruch eines Wertpapierdepots. Insofern wird die Auffassung vertreten, die Kappungsregelung des § 1378 Abs. 2 S. 1 BGB, mit der vermieden werden solle, dass sich ein Ehegatte verschulden müsse, um den Zugewinnausgleichsanspruch zu erfüllen, werde durch die Festlegung der Höhe der Forderung in § 1384 BGB ausgehebelt. Dieser Ansicht kann allerdings nicht gefolgt werden.

Angesichts des insoweit klaren Wortlauts der §§ 1378 Abs. 2 S. 1, 1384 BGB, die in ihrer Zielrichtung sowohl der Gesetzesbegründung als auch der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses entsprechen, kommt eine einschränkende Auslegung nicht in Betracht. Eine solche Auslegung allein zugunsten des von einem unverschuldeten Vermögensverfall nach dem Stichtag betroffenen Ausgleichspflichtigen wäre überdies nicht ausgewogen. Denn auch der Ausgleichsberechtigte kann im Einzelfall - etwa wenn sich der Zugewinn unter Berücksichtigung eines negativen Anfangsvermögens ergibt - durch die Kappungsgrenze des § 1378 Abs. 2 BGB benachteiligt sein. Das ist etwa der Fall, wenn der rechnerische Zugewinnausgleich zum Stichtag höher ist als die Kappungsgrenze, der Ausgleichspflichtige aber in der Zeit bis zur Rechtskraft der Scheidung weiteres Vermögen erwirbt.

In den genannten Fällen kann aber § 1381 BGB eine Korrektur grob unbilliger Ergebnisse ermöglichen. Die Vorschrift gewährt dem Ausgleichspflichtigen insofern allerdings nur eine rechtsvernichtende Einrede gegen die Ausgleichsforderung; dieser muss sein Leistungsverweigerungsrecht geltend machen. Antragsgegner hatte sich indessen nicht auf eine grobe Unbilligkeit seiner Inanspruchnahme nach § 1381 BGB berufen. Auch eines gerichtlichen Hinweises auf die Möglichkeit einer Einrede nach § 1381 BGB bedurfte es nicht.

Linkhinweis:

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 10.08.2012 14:06
Quelle: BGH online

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