Otto Schmidt Verlag

BGH 19.9.2012, XII ZR 136/10

Zum Ausgleich unbenannter Zuwendungen

Beim Ausgleich unbenannter Zuwendungen, die im Hinblick auf die künftige Ehe und während der bestehenden Ehe mit Gütertrennung dem anderen Ehegatten geleistet wurden, ist zu beachten, dass ein korrigierender Eingriff grundsätzlich nur dann gerechtfertigt ist, wenn dem Leistenden die Beibehaltung der durch die Leistung geschaffenen Vermögensverhältnisse nach Treu und Glauben nicht zuzumuten ist. Wesentliche Bedeutung kommt auch dem Umstand zu, inwieweit eine Vermögensmehrung noch vorhanden ist.

Der Sachverhalt:
Die Parteien hatten vor ihrer Hochzeit im Juli 1999 eine notarielle Gütertrennung vereinbart. Im Oktober 2004 trennten sie sich, im Februar 2007 wurde die Ehe geschieden.

Die Ehefrau hatte bereits 1998 ein bebautes Grundstück für rund 750.000 DM erworben. Den Kaufpreis brachte sie i.H.v. 300.000 DM aus eigenen Mitteln auf. Für den Rest nahmen die Parteien ein gemeinsames Darlehen auf. Die monatlich fälligen Darlehensraten wurden vom Konto des Klägers abgebucht.

Die Beklagte ließ das Grundstück teilen und veräußerte den bebauten Teil im Februar 1999. Mit dem erzielten Kaufpreis von 490.000 DM löste sie das zuvor aufgenommene Darlehen ab. Ein Teilbetrag von 64.436 DM wurde an sie ausgezahlt. Auf dem der Beklagten verbliebenen, unbebauten Teil des Grundstücks errichteten die Parteien ein Familienheim. Hierzu nahmen sie im Juni 1999 einen weiteren Darlehensvertrag über 600.000 DM auf, dessen Annuitäten in der Folgezeit wiederum der Kläger aus seinen laufenden Einkünften bediente.

Der Ehemann verlangte den Ausgleich der geleisteten Zuwendungen an die Ehefrau. Hierbei handelte es sich neben den geleisteten Raten noch um behauptete Aufwendungen für die Errichtung des Familienheims. Die nach der Trennung vom Ehemann erbrachten Raten wurden bei der Bemessung des Trennungsunterhalts der Beklagten einkommensmindernd berücksichtigt.

Das LG gab der auf Zahlung von 145.000 € gerichteten Teilklage statt; das OLG wies sie ab. Auf die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Die Ausführungen des OLG hielten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Es muss im weiteren Verfahren die für eine Rückgewähr nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage maßgebenden Kriterien vollständig aufklären.

Zwar hatte das Berufungsgericht noch zutreffend einen Ausgleichsanspruch nach den Vorschriften über die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft verneint. Denn der konkludente Abschluss eines Gesellschaftsvertrages kann dann nicht angenommen werden, wenn die Parteien einen Zweck verfolgen, der nicht über die Verwirklichung der zunächst nichtehelichen und später ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgeht. In diesen Fällen bestehen grundsätzlich Zweifel an dem erforderlichen Rechtsbindungswillen. Schließlich haben die Partner in diesem Punkt regelmäßig keine über die Ausgestaltung ihrer Gemeinschaft hinausgehenden rechtlichen Vorstellungen.

Ebenfalls nicht zu beanstanden war die vom OLG getroffene Feststellung, dass es sich bei den Vermögensdispositionen um sog. ehebedingte oder unbenannte Zuwendungen handelte. Allerdings hatte es keine hinreichenden Feststellungen zu den Voraussetzungen getroffen, unter denen eine ehebedingte Zuwendung nach Scheitern der Ehe und Wegfall der Geschäftsgrundlage zurückverlangt werden kann. So ist ein korrigierender Eingriff grundsätzlich nur dann gerechtfertigt, wenn dem Leistenden die Beibehaltung der durch die Leistung geschaffenen Vermögensverhältnisse nach Treu und Glauben nicht zuzumuten und deshalb unbillig ist. Das Merkmal der Unbilligkeit impliziert zugleich, dass ein Ausgleich nur wegen solcher Leistungen in Betracht kommt, denen nach den jeweiligen Verhältnissen erhebliche Bedeutung zukommt. Maßgebend ist eine Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls.

Ob und gegebenenfalls inwieweit ein Anspruch besteht, hängt mithin insbesondere von der Dauer der Lebensgemeinschaft, dem Alter der Parteien, Art und Umfang der erbrachten Leistungen, der Höhe der dadurch bedingten und noch vorhandenen Vermögensmehrung sowie von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen ab. Dabei ist zu beachten, dass auch im Fall der Gütertrennung eine angemessene Beteiligung beider Ehegatten an dem gemeinsam erarbeiteten Vermögen dem Charakter der ehelichen Lebensgemeinschaft als einer Schicksals- und Risikogemeinschaft entspricht. Wesentliche Bedeutung kommt vielmehr auch dem Umstand zu, inwieweit eine Vermögensmehrung noch vorhanden ist.

Linkhinweis:

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 11.10.2012 12:43
Quelle: BGH online

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