Otto Schmidt Verlag

BGH 17.10.2012, XII ZR 101/10

Zugewinnausgleich: Beabsichtigte Umkehr der Beweislast verhindert nicht das Rechtsschutzbedürfnis

Auch in Fällen, in denen der Kläger in erster Linie die Umkehr der Beweislast nach § 1375 Abs. 2 S. 2 BGB erreichen will, besitzt er für den Auskunftsantrag nach § 1379 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB ein Rechtsschutzbedürfnis. Es kann ihm nicht verwehrt werden, die für ihn günstigen Wirkungen der Gesetzesänderungen in der ab 1.9.2009 geltenden Fassung in Anspruch zu nehmen.

Der Sachverhalt:
Die Parteien hatten im Juni 1997 geheiratet und sich nach einem Trennungsjahr im Jahr 2003 rechtskräftig scheiden lassen. Die im gesetzlichen Güterstand lebenden Parteien vereinbarten als Stichtag für das Endvermögen den 31.12.2002. Der Kläger erhob im Jahr 2005 Stufenklage u.a. auf Auskunft über das Endvermögen der Beklagten zum 31.12.2002. Nachdem der Kläger die Auskunftsstufe mit Zustimmung der Beklagten für erledigt erklärt hatte, beantragte er, die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Zugewinnausgleich i.H.v. 57.754 € zu zahlen.

Das AG wies die Klage ab, da der Kläger beweisfällig dafür geblieben sei, dass das Endvermögen der Beklagten ihr Anfangsvermögen übersteige. Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung beantragte der Kläger, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft über ihr Vermögen zum 1.1.2002 (dem Zeitpunkt der Trennung) zu erteilen und an den Kläger einen nach Auskunftserteilung zu beziffernden Zugewinnausgleich zu zahlen.

Das OLG verurteilte die Beklagte antragsgemäß zur Auskunft und verwies das weitere Verfahren zurück an das AG. Die auf Klageabweisung gerichtete Revision der Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Das OLG hatte die Beklagte zu Recht zur Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung verurteilt.

Entgegen der Auffassung der Revision war die von dem Kläger in der Berufungsinstanz erhobene Stufenklage zulässig. Insbesondere fehlte es dem Kläger hinsichtlich seines Auskunftsbegehrens nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Denn für den Auskunftsantrag nach § 1379 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB besteht auch dann ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Kläger damit in erster Linie die Umkehr der Beweislast nach § 1375 Abs. 2 S. 2 BGB erreichen will.

Der Kläger konnte in erster Instanz, in der die mündliche Verhandlung am 27.8.2009 geschlossen worden war, von der Beklagten noch keine Auskunft zum Zeitpunkt der Trennung verlangen und damit auch keine Umkehr der Beweislast erreichen. Er hätte allenfalls einen Auskunftsanspruch aus § 242 BGB geltend machen können, wenn und soweit er Auskunft über einzelne Vorgänge verlangt und konkrete Anhaltspunkte für ein Handeln i.S.v. § 1375 Abs. 2 BGB vorgetragen hätte, ohne jedoch damit eine Umkehr der Beweislast erreichen zu können. Erst mit § 1379 Abs. 1 S. 1 BGB in der ab 1.9.2009 geltenden Fassung kann jeder Ehegatte ab den dort näher bezeichneten Zeitpunkten von dem anderen Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung oder Auskunft über das Vermögen verlangen, soweit es für die Berechnung des Anfangs- und Endvermögens maßgeblich ist. In dieser Situation konnte es dem Kläger nicht verwehrt werden, die für ihn günstigen Wirkungen der Gesetzesänderungen in Anspruch zu nehmen.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 21.11.2012 14:39
Quelle: BGH online

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