Otto Schmidt Verlag

OLG Hamm 26.10.2012, II-6 WF 232/12

Kindesunterhalt: Zur Sekundärhaftung der Großeltern

Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder gegen ihre Großeltern nach § 1607 Abs. 1 BGB (Ersatzhaftung) müssen nach § 232 Abs. 1 Ziff. 2 FamFG vor dem Amtsgericht geltend gemacht werden, in dessen Bezirk der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes liegt. Zur Begründung einer Ersatzhaftung der Großeltern reicht es nicht aus, dass nur der barunterhaltspflichtige Elternteil leistungsunfähig ist; zudem darf dem betreuenden Elternteil die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zumutbar sein.

Der Sachverhalt:
Die Antragsteller sind die minderjährigen Kinder (11, 9 und 6 Jahre alt), die aus der Ehe der F und des X hervorgegangen sind. Die Eheleute haben sich getrennt. Die Antragsteller leben im Haushalt der Kindesmutter, die nur im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung tätig ist. Der Antragsgegner ist der Vater des X. Letzterer ist nur eingeschränkt leistungsfähig und hat sich durch Jugendamtsurkunden zur Zahlung von Kindesunterhalt ab dem 1.3.2012 i.H.v. von mtl. 83 €, 102 € und 101 € verpflichtet.

Die Antragssteller beantragten, den Antragsgegner, ihren Großvater, zur Zahlung rückständigen Unterhalts ab dem 1.5.2012 und zur Zahlung laufenden Unterhalts ab dem 1.7.2012 zu verpflichten. Für die Durchführung des Verfahrens beantragten sie die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten. Der Antragsgegner trat dem Anspruch unter Hinweis auf einer der Mutter obliegenden gesteigerten Erwerbsobliegenheit entgegen.

Das LG wies den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurück. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsteller hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Antragsgegner hat die Unterhaltszahlungen zu Recht abgelehnt.

Ein Unterhaltsanspruch der Kinder gem. § 1607 Abs. 1 BGB ist nicht schlüssig dargelegt. Großeltern haften unterhaltsbedürftigen minderjährigen Kindern nur nachrangig nach den Eltern. Ihre Unterhaltspflicht kommt erst dann in Betracht, wenn beide Eltern leistungsunfähig sind. Insoweit kommt auch eine Verpflichtung des betreuenden Elternteils zur Leistung von Barunterhalt in Betracht. Diese ist ggf. durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu erfüllen und darf nur unterbleiben, wenn sie aus Gründen des Kindeswohls unzumutbar ist.

An einer entsprechenden Darlegung fehlt es jedoch vorliegend. Auch wenn die Mutter drei minderjährige Kinder zu betreuen hat, ist die Notwendigkeit einer durchgehenden persönlichen Betreuung der Kinder nicht erkennbar, zumal das jüngste Kind bereits 6 Jahre alt ist. Es ist nicht ersichtlich, dass der Mutter die Aufnahme einer über den Umfang einer geringfügigen Beschäftigung hinausgehenden, mindestens halbschichtigen Erwerbstätigkeit zur Sicherstellung des Barunterhalts der Antragsteller nicht möglich wäre.

Linkhinweis:

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 03.01.2013 16:11
Quelle: OLG Hamm PM vom 3.1.2013

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