Otto Schmidt Verlag

BGH 5.12.2012, XII ZB 670/10

Ehebedingter Nachteil: Zum Vorhalt fehlender Bewerbungsbemühungen in der Vergangenheit

Dem Unterhaltsberechtigte, der seiner aktuellen Erwerbsobliegenheit genügt, kann nicht vorgehalten werden, er hätte in der Vergangenheit konkrete Bewerbungsbemühungen entfalten müssen, um den jetzt eingetretenen ehebedingten Nachteil zu kompensieren. Soweit ein ehebedingter Nachteil verbleibt, ist eine Befristung zwar grundsätzlich, nicht aber generell ausgeschlossen, so dass Ausnahmen denkbar sind.

Der Sachverhalt:
Die Beteiligten hatten 1989 geheiratet. Die Antragsgegnerin ist Versicherungsfachwirtin und arbeitete bis 1995 als Sachbearbeiterin bei verschiedenen Versicherungen. Nach der Adoption eines Kindes setzte sie ihre Erwerbstätigkeit aus. Sie ist nunmehr als städtische Schulsekretärin mit 31 Wochenstunden beschäftigt.

Die Ehe ist seit September 2004 geschieden. Mit gerichtlichem Vergleich verpflichtete sich der Antragsteller letztlich Anfang 2008, an die Antragsgegnerin einen monatlichen nachehelichen Unterhalt von 1.500 € zzgl. 128 € Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen. Der Unterhalt sollte bis zum 14. Geburtstag des gemeinsamen Sohnes, also bis März 2010 gezahlt werden. Danach sollten sich die Unterhaltsansprüche nach den gesetzlichen Vorschriften richten. Der Antragsteller beantragte jedoch später, den gerichtlichen Vergleich dahin abzuändern, dass er ab April 2010 keinen nachehelichen Unterhalt mehr zu zahlen hat, da die Antragsgegnerin keine ehebedingten Nachteile erlitten habe. Dem trat die Antragsgegnerin entgegen.

Das AG wies den Antrag zurück. Das OLG änderte den Vergleich dahin ab, dass der Antragssteller an seine Ex-Gattin ab April 2010 monatlich Ehegattenunterhalt i.H.v. 1.310 € € zzgl. 128 € Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen hat und der Unterhaltsanspruch mit Ablauf des Monats Dezember 2014 endet. Auf die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie weiterhin unbefristeten Unterhalt forderte, hob der BGH den Beschluss insoweit auf, als der Unterhalt bis Ende 2014 befristet worden war und wies die Sache dementsprechend an das OLG zurück.

Die Gründe:
Der Auffassung des OLG, der - bestehende - ehebedingte Nachteil i.S.d. § 1578 b BGB stehe einer Befristung nicht entgegen, weil die Antragsgegnerin ihn durch entsprechende Bemühungen hätte vermeiden können, konnte nicht gefolgt werden.

Für den Fall, dass das Gericht dem unterhaltsberechtigten Ehegatten im Vorprozess keine zusätzlichen Erwerbseinkünfte fiktiv zugerechnet hat, ist damit zugleich nach § 1577 Abs. 1 BGB entschieden, dass der Unterhaltsberechtigte seiner Erwerbsobliegenheit genügt hat, und diese Feststellung auch im Abänderungsverfahren maßgebend ist. Entsprechendes muss grundsätzlich auch dann gelten, wenn die Beteiligten - wie hier - eine vorbehaltlose Vereinbarung mit dem oben dargestellten Inhalt geschlossen haben. Genügt der Unterhaltsberechtigte somit seiner aktuellen Erwerbsobliegenheit, kann ihm für die Vergangenheit nicht vorgehalten werden, er hätte konkrete Bewerbungsbemühungen entfalten müssen, um den jetzt eingetretenen ehebedingten Nachteil zu kompensieren.

Das OLG wird im weiteren Verfahren zu prüfen haben, inwieweit die der Antragsgegnerin entstandenen Nachteile ehebedingt i.S.d. § 1578 b BGB sind. Dabei muss es sich auch fragen, ob es der Antragsgegnerin zumutbar war, auf das Abänderungsverlangen des Antragstellers eine Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf wieder aufzunehmen. Soweit ein ehebedingter Nachteil verbleibt, ist eine Befristung zwar grundsätzlich, nicht aber generell ausgeschlossen, so dass Ausnahmen denkbar sind.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 04.01.2013 15:30
Quelle: BGH online

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