Otto Schmidt Verlag

OLG Oldenburg 27.11.2012, 13 UF 128/12

Zur Erforderlichkeit einer Pflegerbestellung im Vaterschaftsanfechtungsverfahren

Nach Inkrafttreten des FamFG und der damit verbundenen Herauslösung der statusrechtlichen Verfahren aus der ZPO war die Erforderlichkeit einer Pflegerbestellung für das Kind streitig geworden. Bei gemeinsamer elterlicher Sorge ist die Kindesmutter von der Vertretung des Kindes im Vaterschaftsanfechtungsverfahren allerdings ausgeschlossen.

Der Sachverhalt:
Die Beteiligte zu 1) ist das eheliche Kind der Beteiligten zu 2) und 3). Deren Ehe wurde 2012 rechtskräftig geschieden. Das Sorgerecht für das Kind üben die Eltern weiterhin gemeinsam aus. In dem vorliegenden Verfahren begehrte der Beteiligte zu 2) die Feststellung, dass er nicht der Vater des Kindes ist. Seinen Antrag auf Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft zur Vertretung des beteiligten Kindes im Abstammungsverfahren hat der zuständige Rechtspfleger abgewiesen.

Der Rechtspfleger war unter Bezugnahme auf den BGH-Beschluss XII ZB 510/10 vom 21.03.2012 der Ansicht, die Mutter des Kindes sei im Abstammungsverfahren nur dann von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen, wenn sie mit dem anfechtenden Kindesvater verheiratet sei. Da die Eltern rechtskräftig geschieden seien, bedürfe es keiner Bestellung eines Ergänzungspflegers.

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) hob das OLG den Beschluss auf und ordnete eine Ergänzungspflegschaft mit dem Aufgabenkreis "Vertretung des Kindes im Vaterschaftsanfechtungsverfahren" an.

Die Gründe:
Die Kindesmutter ist gemeinsam mit dem Kindesvater sorgeberechtigt und deshalb daran gehindert, das Kind im Abstammungsverfahren allein zu vertreten.

Nach Inkrafttreten des FamFG und der damit verbundenen Herauslösung der statusrechtlichen Verfahren aus der ZPO war die Erforderlichkeit einer Pflegerbestellung für das Kind streitig geworden. Der BGH hat den Streit durch den oben bereits erwähnten Beschluss entschieden und vertritt seitdem die Ansicht, dass der in §§ 1795 Abs. 2, 181 BGB zum Ausdruck gekommene Rechtsgedanke für den Ausschluss des rechtlichen Vaters von der Vertretungsbefugnis weiter anzuwenden sei. Der Vater könne nicht gesetzlicher Vertreter des Kindes sein, wenn das Verfahren auf Beseitigung des zwischen ihm und dem Kind bestehenden Statusverhältnisses gerichtet sei. Daraus kann - entgegen der Ansicht des AG - nicht der Schluss gezogen werden, die Kindesmutter sei nur dann von der Vertretung im Anfechtungsverfahren ausgeschlossen, wenn sie mit dem Kindesvater verheiratet ist.

Der Grundsatz der Gesamtvertretung bedeutet, dass nur beide Eltern befugt sind, das Kind zu vertreten. Entfällt die Vertretungsbefugnis eines Elternteils nach §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 BGB, so wächst dem anderen nicht etwa ein Alleinvertretungsrecht zu. Dieser ist vielmehr ebenfalls von der Vertretung ausgeschlossen, unabhängig davon, ob auch in seiner Person ein Ausschlussgrund i.S.d. § 1795 BGB vorliegt oder nicht). Nach § 1795 Abs. 1 BGB sind zwar nur verheiratete Eltern ausgeschlossen. Bei der Entstehung des § 1795 BGB gab es jedoch noch kein gemeinsames Sorgerecht nach der Scheidung oder bei nichtehelich geborenen Kindern, so dass seinerzeit für diese Fälle keine gesetzliche Regelung erforderlich war. Allen Konstellationen gemeinsamer elterlicher Sorge ist aber die gleiche Konfliktlage gemein. Das Kind wäre rechtlich vertreten von einem Elternteil, der mit dem kraft Gesetzes ausgeschlossenen Elternteil gemeinsam sorgeberechtigt ist. Daher war § 1795 Abs. 1 BGB erweiternd auszulegen.

An dieser Rechtslage hat sich auch durch die Einführung des FamFG nichts geändert. Wie der BGH in seiner Entscheidung vom 21.03.2012 hervorgehoben hat, hat der Gesetzgeber bei der Neuregelung des Verfahrens die gesetzliche Vertretung in Abstammungssachen nicht geändert. Aus der Neuregelung des Verfahrens könnten sich nur in solchen Fällen Änderungen ergeben, in denen die gesetzliche Vertretung durch die sorgeberechtigten Eltern und deren Ausschluss nach der Rechtslage vor dem 1.9.2009 maßgeblich von den Besonderheiten des früheren Verfahrensrechts abhingen. Dies ist für den Ausschluss der Kindesmutter von der Vertretung des Kindes im Anfechtungsverfahren des mitsorgeberechtigten anderen Elternteils aber nicht der Fall.

Linkhinweis:

Für den in der Rechtsprechungsdatenbank der niedersächsischen OLG veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 17.01.2013 16:39
Quelle: OLG Oldenburg online

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