Otto Schmidt Verlag

FG Rheinland-Pfalz 22.11.2012, 5 K 1186/12

Tante kann für Steuerrückstände ihres Neffen und dessen Ehefrau haften

Eine Tante muss unter bestimmten Umständen Steuerrückstände ihres Neffen und dessen Ehefrau begleichen. Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn die Tante ein Konto auf ihren Namen eröffnet, ihrem Neffen unbeschränkte Verfügungsvollmacht erteilt, und dieser seine Auftraggeber anweist, Provisionen und Honorare auf dieses Konto zu überweisen, um seine Gläubiger - insbes. das Finanzamt - zu benachteiligen.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin unterstützte im Rahmen ihrer Möglichkeiten über Jahre hinweg finanziell ihren Neffen und dessen Ehefrau, die beide als selbständige Handelsvertreter tätig waren. Dennoch gerieten die finanziellen Verhältnisse des Neffen und seiner Ehefrau immer mehr in Schieflage, dem Finanzamt schuldeten sie zuletzt fast 300.000 €. Darüber hinaus konnten sie wegen negativer Schufa-Einträge kein eigenes Konto mehr eröffnen, so dass die Klägerin bei der A-Bank ein Konto auf ihren Namen eröffnete und ihrem Neffen unbeschränkte Verfügungsvollmacht erteilte. Der Neffe und seine Ehefrau wiesen ihre Auftraggeber an, Provisionen und Honorare auf dieses Konto zu überweisen.

Da Vollstreckungsversuche des Finanzamtes erfolglos blieben, teilte das Finanzamt der Klägerin mit, dass es sich bei den Anweisungen ihres Neffen und dessen Ehefrau an die Schuldner, auf das Konto der Klägerin zu zahlen, um anfechtbare Rechtshandlungen handle und dass das Finanzamt beabsichtige, diese Rechtshandlungen anzufechten. Da nämlich die Forderungen des Neffen und seiner Ehefrau gegen ihre Auftraggeber mit der Zahlung der Auftraggeber auf das Konto der Klägerin erloschen waren, konnte das Finanzamt diese Forderungen nicht mehr pfänden.

Die Klägerin eröffnete sodann bei einer anderen Bank (B-Bank) erneut ein Konto auf ihren Namen mit Verfügungsvollmacht für ihren Neffen. Das Konto bei der A-Bank löste sie wenig später auf. Dem Konto der Klägerin bei der B-Bank wurden erneut Zahlungen für ihren Neffen bzw. dessen Ehefrau (Provisionen und Lebensversicherungen) gutgeschrieben, die der Neffe und seine Ehefrau für ihre Lebensführung verwendeten. Das Finanzamt nahm die Klägerin - wie angekündigt - in Anspruch (mit sog. Anfechtungs- und Duldungsbescheiden) und verlangte von ihr Wertersatz. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Klägerin habe Kenntnis davon gehabt, dass ihr Neffe bzw. dessen Ehefrau in der Absicht gehandelt hätten, die Gläubiger zu benachteiligen.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision wurde nicht zugelassen, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Das Finanzamt durfte die Klägerin mit den angegriffenen Anfechtungs- und Duldungsbescheiden in Anspruch nehmen. Sie muss die Steuerrückstände ihres Neffen und dessen Ehefrau begleichen.

Bei den Anweisungen des Neffen und seiner Ehefrau an ihre Gläubiger, Zahlungen auf die Konten der Klägerin zu leisten, handelt es sich um anfechtbare Rechtshandlungen. Die Klägerin hat ihrem Neffen und dessen Ehefrau geholfen, Vermögen vor Gläubigern - insbes. auch vor dem Finanzamt - zu schützen. Das Finanzamt ist insoweit auch zu Recht davon ausgegangen, die Klägerin habe Kenntnis davon gehabt, dass ihr Neffe bzw. dessen Ehefrau in der Absicht gehandelt hätten, die Gläubiger zu benachteiligen. Die Klägerin ist daher gegenüber dem Finanzamt zum Wertersatz verpflichtet.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 25.01.2013 11:09
Quelle: FG Rheinland-Pfalz PM vom 24.1.2013

zurück zur vorherigen Seite