Otto Schmidt Verlag

BGH 18.4.2013, V ZB 77/12

Zum Grundstückübertragungsvertrag in Kombination mit einem Pflichtteilsverzicht

In Fällen, in denen zwischen einem Elternteil und einem seiner Kinder geschlossenen Grundstückübertragungsvertrag ein Pflichtteilsverzicht der Geschwister mitbeurkundet wird, handelt es sich um verschiedene Gegenstände i.S.v. § 44 Abs. 2 KostO, so dass der Verzicht neben dem Übertragungsvertrag gesondert zu bewerten ist. Ein mit der Zahlung einer Abfindung verbundener Pflichtteilsverzicht stellt auch dann einen Austauschvertrag zwischen dem Elternteil und den weichenden Geschwistern dar, wenn diese den Abfindungsbetrag direkt vom Übernehmer des Grundstücks erhalten sollen.

Der Sachverhalt:
Im November 2007 hatte der Kostenschuldner von seiner Mutter ein Hausgrundstück im Wert von 260.000 € erhalten. Der Mutter wurde ein Wohnungsrecht einräumte. Zugleich verpflichtete sich der Kostenschuldner, den Geschwistern einen Abfindungsbetrag von je 40.000 € zu zahlen. Diese wiederum verzichteten bezüglich des übertragenen Grundstücks und hinsichtlich aller ihnen von ihren Eltern bisher gemachten Zuwendungen auf Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche. Der "Übergabe- und Abfindungsvertrag“ wurde vom Kostengläubiger notariell beurkundet.

Für die Beurkundung erhob der Notar gegenüber dem Übernehmer gem. §§ 141, 32, 36 Abs. 2 KostO eine Gebühr von rund 1.407 € nach einem Geschäftswert von 340.000 €, der sich aus einem Wert von 260.000 € für den "Übertragungsvertrag" und einem Wert von 80.000 € für den "Abfindungsvertrag" zusammensetzte. Der Präsident des LG beanstandete die Bewertung des Erbverzichts und wies den Notar an, die Kostenrechnung dem LG zur Entscheidung vorzulegen. Dieses wies die "Beschwerde" zurück. Auf das weisungsgemäß erhobene Rechtsmittel des Notars hat das OLG die Kostenrechnung dahingehend abgeändert, dass es einen Gesamtgeschäftswert von 266.000 € zugrunde gelegt und demgemäß die Gebühr auf rund 1.157 € reduziert hat.

Auf die Rechtsbeschwerde des Notars hat der BGH den Beschluss des OLG aufgehoben und die Beschwerde gegen den Beschluss des LG zurückgewiesen.

Gründe:
Der Notar hatte zu Recht die Gebühr aus den zusammengerechneten Werten des Übergabevertrages und des Pflichtteilsverzichts berechnet.

Wird in einem zwischen einem Elternteil und einem seiner Kinder geschlossenen Grundstückübertragungsvertrag ein Pflichtteilsverzicht der Geschwister mitbeurkundet, handelt es sich um verschiedene Gegenstände i.S.v. § 44 Abs. 2 KostO, so dass der Verzicht neben dem Übertragungsvertrag gesondert zu bewerten ist. Zwischen dem Übergabevertrag und dem Pflichtteilsverzicht bestand kein innerer Zusammenhang. Das von den Beteiligten angestrebte zentrale Rechtsverhältnis, von dem aus zu beurteilen war, in welcher Beziehung zu ihm die in der notariellen Urkunde niedergelegten Erklärungen standen, war der Übergabevertrag. Zu diesem stellte der Pflichtteilsverzicht kein Erfüllungs- oder Sicherungsgeschäft dar. Er diente allein dem Schutz des Übernehmers vor späteren Pflichtteilsergänzungsansprüchen seiner Geschwister und der Vermeidung späterer Erbstreitigkeiten.

Den Wert des Pflichtteilsverzichts war vom Notar zutreffend mit 80.000 € angesetzt worden. Der mit der Zahlung einer Abfindung verbundene Pflichtteilsverzicht stellt einen Austauschvertrag i.S.d. § 39 Abs. 2 KostO zwischen der Übergeberin und den weichenden Geschwistern dar. Diese hatten gegenüber der Übergeberin auf den Pflichtteil verzichtet und wurden dafür von dieser mit 80.000 € abgefunden. Der Annahme einer Austauschleistung stand nicht entgegen, dass die Geschwister den Abfindungsbetrag direkt vom Übernehmer erhalten sollten. Es wurde lediglich vermieden, dass das Geld den Umweg über die Übergeberin nahm. Diese "abgekürzte" Zahlung änderte aber nichts daran, dass es sich um eine Leistung der Übergeberin im Hinblick auf den Pflichtteilsverzicht der weichenden Geschwister handelte.

Anders als der Präsident des LG meinte, war der Abfindungsbetrag auch nicht vom Wert des Pflichtteilsverzichts abzuziehen. Denn der Wert des Verzichts wird nicht dadurch gemindert, dass er an eine Abfindungszahlung geknüpft wird. In Abzug zu bringen sind lediglich solche Vermögenswerte, die dem Verzichtenden bereits vor dem Vertragsschluss unter Anrechnung auf seinen Pflichtteilsanspruch (§ 2315 BGB) zugewendet worden waren, da insoweit kein Pflichtteilsrecht mehr besteht. Um eine solche Fallgestaltung ging es hier jedoch nicht.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 24.05.2013 13:43
Quelle: BGH online

zurück zur vorherigen Seite