Otto Schmidt Verlag

OLG Hamm 29.5.2013, 2 WF 98/13

Vater schuldet kostenfrei bei der Großmutter lebendem Sohn Unterhalt

Der Bedarf eines volljährigen Kindes verringert sich nicht dadurch, dass das Kind kostenfrei im Haushalt seiner Großmutter lebt. Eine Unterhaltspflicht der (hier: leistungsunfähigen) Großmutter besteht jedenfalls im Umfang der Leistungsfähigkeit der Kindeseltern nicht.

Der Sachverhalt:
Der im Jahre 1994 geborene Antragsteller aus Marl verlangt vom Antragsgegner, seinem im Jahre 1969 geborenen Vater, ab Erreichen der Volljährigkeit Kindesunterhalt i.H.v. über 450 € monatlich. Der Antragsteller besucht die höhere Handelsschule, bislang ohne Bafög-Leistungen zu empfangen. Dabei lebt er kostenfrei im Haushalt seiner nicht leistungsfähigen Großmutter, deren Ehemann ihn unterstützt. Mit dem Ehemann der Großmutter ist der Antragsteller nicht verwandt.

Das AG versagte dem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe. Er habe keinen eigenständigen Haushalt. Seine Lebenssituation sei mit derjenigen eines volljährigen Kindes vergleichbar, das bei einem Elternteil lebe. Deswegen seien die durch das Zusammenleben mit der Großmutter und deren Ehemann ersparten Aufwendungen anzurechnen. Das OLG gab dem Antrag demgegenüber statt.

Die Gründe:
Der Antragsteller hat gegenüber dem Antragsgegner Anspruch auf Kindesunterhalt.

Nach der einschlägigen Regelung der Hammer Leitlinien hat der Antragsteller einen monatlichen Bedarf von 670 €. Seine Lebenssituation entspricht derjenigen eines Kindes mit eigenem Hausstand. Der Umstand, dass der Antragsteller bei seiner Großmutter und deren Ehemann lebt und keine Zahlungen für Verpflegung und Wohnen erbringt, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Eine Unterhaltspflicht der - ohnehin leistungsunfähigen - Großmutter besteht jedenfalls im Umfang der Leistungsfähigkeit der Kindeseltern nicht. Die Gewährung von Verpflegung und Unterkunft durch die Großmutter und ihren Ehemann stellt sich daher als freiwillige Leistung Dritter dar, die keinen Einfluss auf den Bedarf des Antragstellers hat. Für diesen Bedarf abzgl. des bereits an den Antragsteller gezahlten Kindergeldes hat der nach seinem Einkommen leistungsfähige Antragsgegner aufzukommen.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 02.07.2013 16:38
Quelle: OLG Hamm PM vom 2.7.2013

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