Otto Schmidt Verlag

OLG Hamm 3.7.2013, 11 U 166/12

Zur Verjährung eines Amtshaftungsanspruchs wegen ungewollter Adoption eines alkoholgeschädigten Säuglings

Adoptieren Eheleute einen infolge eines Alkoholmissbrauchs der leiblichen Mutter behinderten Säugling, ohne nach ihrer Darstellung vom zuständigen Jugendamt über den Alkoholmissbrauch und dessen Folgen aufgeklärt zu werden, verjährt ein möglicher Amtshaftungsanspruch innerhalb von drei Jahren, nachdem die Eheleute von seinen Voraussetzungen erstmals Kenntnis erlangt haben. Auf die Entscheidung des Versorgungsamtes zum Grad der Behinderung kommt es insoweit nicht an.

Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Eheleute. Sie adoptierten Anfang 1990 ein neun Wochen altes Mädchen. Zuvor waren sie vom Jugendamt der beklagten Stadt beraten worden. Nachdem bei dem adoptierten Mädchen in den ersten Jahren Entwicklungsrückstände und auditive Wahrnehmungsstörungen auftraten, wurde bei dem Kind Ende 2007 ein durch Alkoholmissbrauch der leiblichen Mutter während der Schwangerschaft verursachtes Fetales Alkoholsyndrom diagnostiziert. Anfang 2008 stellte das Versorgungsamt einen 70%igen Grad der Behinderung fest. Die Eltern wurden zu Betreuern ihrer nicht geschäftsfähigen, mittlerweile erwachsenen Tochter bestellt.

Ende 2011 verklagten die Eltern die beklagte Stadt auf Schadensersatz i.H.v. über 100.000 €. Sie behaupteten, bei der Beratung des Jugendamtes über den regelmäßigen Alkoholkonsum der leiblichen Mutter während der Schwangerschaft und dessen mögliche Folgen nicht aufgeklärt worden zu sein. In Kenntnis dieser Umstände hätten sie von einer Adoption Abstand genommen. Die Beklagte berief sich auf Verjährung.

Das LG wies die Klage ab. Die Berufung der Kläger blieb vor dem OLG erfolglos.

Die Gründe:
Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Schadensersatzanspruch.

Die beklagte Stadt hatte sich zu Recht auf Verjährung berufen. In solchen Fällen gilt eine dreijährige Verjährungsfrist, die beginnt, sobald der ersatzberechtigte Geschädigte von den Voraussetzungen des Anspruchs Kenntnis erlangt. Die Kläger hatten bereits Ende 2007 von der Ursache der körperlichen und geistigen Beeinträchtigung ihrer Adoptivtochter erfahren. Somit hatte sie auch die von ihnen behauptete schadensbegründende Pflichtverletzung des Jugendamtes der Beklagten gekannt.

Auf die Entscheidung des Versorgungsamtes zum Grad der Behinderung kam es insoweit nicht an. Infolgedessen hätte der Amtshaftungsanspruch bereits Ende 2007 eingeklagt werden können. Dies hatten die Kläger allerdings versäumt. Somit war die Verjährung am 31.12.2010 vollendet gewesen.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 21.08.2013 17:03
Quelle: OLG Hamm PM v. 21.8.2013

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