Otto Schmidt Verlag

OLG Hamm 26.7.2013, 15 W 248/13

Grundbuchberichtigung kann beim Erbfall auch ohne Erbschein erfolgen

Die nach einem Erbfall notwendige Grundbuchberichtigung kann auch ohne Erbschein erfolgen, wenn sich die Erbfolge aus einer dem Grundbuchamt vorliegenden öffentlichen Testamentsurkunde ergibt. Das Grundbuchamt muss die Testamentsurkunde auslegen und kann nur bei einem weiterhin klärungsbedürften Sachverhalt auf der Vorlage eines - kostenpflichten - Erbscheins bestehen.

Der Sachverhalt:
Die im Jahr 2012 und 2013 verstorbenen Eheleute hatten im Jahr 1999 einen notariellen Erbvertrag verfasst, in dem sie sich wechselseitig zu „Alleinerben“ und ihre beiden Kinder u.a. zu „Nacherben“ mit hälftigem Anteil eingesetzt hatten. Nach ihrem Tod beantragten die Kinder beim Grundbuchamt, sie aufgrund des Erbvertrages als Eigentümer im Grundbuch des zum Nachlass gehörenden Grundstücks einzutragen.

Das Grundbuchamt wies den Antrag ab und gab den Antragstellern mit einer Zwischenverfügung auf, ihre Erbenstellung durch einen kostenpflichtigen Erbschein nachzuweisen. Schließlich sei die Erbenstellung aufgrund des nicht widerspruchsfreien Wortlautes mit dem Erbvertrag allein nicht hinreichend belegt. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller hob das OLG den Beschluss auf und gab dem Antrag statt. Der Beschluss des OLG ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Das Grundbuchamt hatte die beantragte Grundbuchberichtigung zu Unrecht von der Vorlage eines Erbscheins abhängig gemacht.

Nach der Grundbuchordnung kann ein in einer öffentlichen Urkunde enthaltenes Testament Grundlage einer Grundbuchberichtigung sein. Das gilt auch dann, wenn das Grundbuchamt die sich aus dem Testament ergebende Erbfolge erst im Wege der Auslegung und unter Berücksichtigung gesetzlicher Auslegungsvorschriften ermitteln kann. Nur bei Zweifeln tatsächlicher Art, wenn etwa weiterer Sachverhalt aufgeklärt werden muss, kann ein Erbschein verlangt werden. Das war hier allerdings nicht der Fall.

Zwar hatte das Grundbuchamt Recht mit der Annahme, dass der Wortlaut des Erbvertrages nicht klar erkennen ließ, ob die Kinder nur Schlusserben nach dem letztversterbenden Elternteil sein sollten. Vielmehr war auch denkbar, dass bereits beim Tod des erstversterbenden Elternteils eine Vor- und Nacherbschaft eintreten sollte, nach welcher der überlebende Ehegatte Vorerbe und beide Kinder Nacherben werden sollten, ohne dass damit auch die Erbfolge nach dem überlebenden Ehegatten geregelt wurde. Hinsichtlich der beantragten Grundbuchberichtigung muss eine solche Unklarheit aber nicht weiter aufgeklärt werden.

Die weitere Auslegung des Erbvertrages, der die Kinder auch als „unsere Erben“ bezeichnete, führte nämlich zu dem Ergebnis, dass auch bei Annahme einer Vor- und Nacherbfolge nach dem erstversterbenden Elternteil zusätzlich eine Schlusserbeneinsetzung der Kinder nach dem letztversterbenden Elternteil gewollt war. Damit stand in jedem Fall fest, dass beide Kinder (in Erbengemeinschaft) Eigentümer des betroffenen Grundbesitzes geworden waren.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 16.09.2013 13:57
Quelle: OLG Hamm PM v. 13.9.2013

zurück zur vorherigen Seite