Otto Schmidt Verlag

BGH 4.3.2015, XII ZR 61/13

Ehe gescheitert: Befreiung von Verbindlichkeiten nach Regeln des Auftragsrechts

Hat ein Ehegatte dem anderen die Aufnahme von Bankkrediten durch Einräumung von dinglichen Sicherheiten ermöglicht, kann er nach Scheitern der Ehe Befreiung von solchen Verbindlichkeiten nach den Regeln des Auftragsrechts verlangen. Der die Sicherheit stellende Ehegatte kann in einem solchen Fall für die Sicherung neuer oder umgeschuldeter Kredite jedenfalls verlangen, dass der andere Ehegatte ihm einen Tilgungsplan vorlegt, der erkennen lässt, für welche Zwecke und für welche Zeit die Grundschulden auch unter Berücksichtigung seiner Interessen noch benötigt werden.

Der Sachverhalt:
Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Aus ihrer 1974 geschlossenen Ehe sind drei Kinder hervorgegangen. Der Beklagte ist Zahnarzt. Er ist Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke. Auf dem einen Grundstück befindet sich das 1986 errichtete Geschäftsgebäude mit seinen Praxisräumen. Das weitere Grundstück stand früher im Eigentum der Klägerin. Auf diesem Grundstück wurde 1982 das Familienheim errichtet.

Die Parteien nahmen 1983 und 1984 bei der Kreissparkasse mehrere gemeinsame Darlehen für den Wohnhausbau auf. 1985 bestellte die Klägerin zu Gunsten der Kreissparkasse an dem damals noch in ihrem Eigentum stehenden Grundstück zwei Grundschulden. Im August 2004 unterzeichnete die Klägerin eine "Zweckerklärung für Grundschulden", wonach die Grundschulden zur Sicherung aller in einer Anlage bezeichneten Forderungen der Kreissparkasse dienen sollten. Sämtliche Darlehen waren Ende 2006 fällig.

Der Klägerin wurde im 2005 der Scheidungsantrag des Beklagten zugestellt. Für eine Verlängerung der Darlehen über 2006 hinaus verlangte die Kreissparkasse, dass die auf dem Grundstück der Klägerin eingetragenen Grundschulden weiterhin zur Sicherung aller Darlehen dienen sollten. Die Klägerin war nur bereit, die Sicherheit für die gemeinsamen Darlehen zu stellen. Daraufhin kündigte die Kreissparkasse im Januar 2007 die von den Parteien gemeinsam aufgenommenen Darlehen. Die Klägerin forderte den Beklagten daraufhin vergeblich auf, sie von allen Forderungen der Kreissparkasse in der Weise freizustellen, dass sowohl sie selbst als auch ihr Grundstück nicht in Anspruch genommen werden könnten.

In der Zwangsversteigerung wurde dem Beklagten für 225.000 € der Zuschlag für das Wohngrundstück erteilt. Aus der erstrangigen Grundschuld wurden der Kreissparkasse insgesamt 92.437 € zugeteilt, aus der weiteren Grundschuld 127.261 €. Nachdem die Klägerin zunächst die Freistellung von der erstrangigen Grundschuld (Buchgrundschuld) beantragt hatte, begehrte sie nach der Zwangsversteigerung die Zahlung des entsprechenden Betrags von 92.437 €. Das LG gab der Klage statt; das OLG wies sie ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Berufung zurück.

Gründe:
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht ein Kündigungsrecht der Klägerin verneint, weil diese bis zur Fälligkeit der Kapitallebensversicherungen, die zur späteren Darlehenstilgung angespart worden waren, weiterhin zur Stellung der Grundschulden als Kreditsicherheiten verpflichtet gewesen sei. Da die Kündigung wirksam war, war der Beklagte verpflichtet, die Klägerin von der Grundschuld freizustellen. Nach Versteigerung des Grundstücks schuldete der Beklagte der Klägerin somit den aus der hier allein geltend gemachten erstrangigen Grundschuld erlösten Betrag als Aufwendungsersatz nach § 670 BGB.

Hat ein Ehegatte dem anderen die Aufnahme von Bankkrediten durch Einräumung von dinglichen Sicherheiten ermöglicht, kann er nach Scheitern der Ehe Befreiung von solchen Verbindlichkeiten nach den Regeln des Auftragsrechts verlangen. Die Geltendmachung des Befreiungsanspruchs unterliegt jedoch Einschränkungen, die sich als Nachwirkung der Ehe sowie nach Treu und Glauben ergeben.

Nach Scheitern der Ehe kann der die Sicherheit stellende Ehegatte für die Sicherung neuer oder umgeschuldeter Kredite jedenfalls verlangen, dass der andere Ehegatte ihm einen Tilgungsplan vorlegt, der erkennen lässt, für welche Zwecke und für welche Zeit die Grundschulden auch unter Berücksichtigung seiner Interessen noch benötigt werden. Auf eine einseitig dem anderen Ehegatten überantwortete und ihm nicht offengelegte Planung muss er sich nicht einlassen.

Diesen Grundsätzen war die angefochtene Entscheidung nicht gerecht worden.

Linkhinweis:

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.04.2015 16:10
Quelle: BGH online

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