Otto Schmidt Verlag

BGH 28.7.2015, XII ZB 670/14

Abstammungsverfahren: Zur Frage der Beteiligung der Eltern des Kindsvaters nach dessen Tod

Stirbt während eines Abstammungsverfahrens der als Vater geltende Mann, so sind seine Eltern nach seinem Tod jedenfalls so lange nicht am Verfahren zu beteiligen, wie nicht ein hierzu berechtigter übriger Beteiligter fristgerecht gem. § 181 FamFG die Fortsetzung des Verfahrens verlangt hat. Mangels eines Fortsetzungsverlangens durch einen der hierzu berechtigten übrigen Verfahrensbeteiligten gilt das Abstammungsverfahren daher als in der Hauptsache erledigt.

Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Mutter des die Vaterschaft anfechtenden Mannes nach dessen Tod an einem Abstammungsverfahren zu beteiligen ist, dessen Fortsetzung keiner der übrigen Beteiligten verlangt hat. Der Antragsteller erkannte am 9.5.2011 die Vaterschaft für das am 20.4.2011 geborene betroffene Kind an. Mit Schriftsatz vom 18.4.2013 focht er die Vaterschaft an. Der Schriftsatz wurde der Kindesmutter (Beteiligte zu 2) am 17.5.2013 zugestellt. Am 27.5.2013 verstarb der Antragsteller.

Im Anhörungstermin vom 15.7.2013, zu dem seine Verfahrensbevollmächtigte, die Beteiligte zu 2) sowie ein Vertreter des Kreisjugendamts (Beteiligter zu 3) erschienen, stellte das AG die Unterbrechung des Verfahrens fest. Weiter wies es darauf hin, dass das Verfahren nur fortgesetzt werde, wenn ein Beteiligter dies innerhalb einer Frist von einem Monat verlange. Nachdem binnen dieser Frist kein Fortsetzungsantrag eingegangen war, stellte das AG mit Verfügung vom 19.8.2013 die Erledigung des Verfahrens fest. Mit Schriftsatz vom 8.8.2014 beantragte die Mutter des Antragstellers (Beteiligte zu 4), sie zum Verfahren hinzuzuziehen und dieses fortzusetzen.

Das AG wies die Anträge zurück. Das OLG wies die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 4) zurück. Ihre Rechtsbeschwerde hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Beteiligung in Abstammungssachen regelt § 172 FamFG, wonach das Kind, die Mutter und der Vater sowie in bestimmten Fällen auch das Jugendamt (auf seinen Antrag) zu beteiligen sind. Diese Aufzählung ist allerdings nicht abschließend. Vielmehr sind auch weitere Personen als sog. Mussbeteiligte zum Verfahren hinzuzuziehen, sofern die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG vorliegen, also ihr Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird. Dass die Eltern des Kindesvaters - ebenso wie seine sonstigen nächsten Verwandten - zu dessen Lebzeiten zu diesen Mussbeteiligten gehören, wird zu Recht von niemandem vertreten. Denn sämtliche verwandtschaftlichen und rechtlichen Beziehungen zum Kind stellen sich für sie nur als Reflex ihres Verwandtschaftsverhältnisses zum Kindesvater, nicht aber als unmittelbares Recht dar.

Die Beteiligte zu 4) macht ohne Erfolg geltend, mit dem Tod ihres Sohnes sei sie durch das Abstammungsverfahren unmittelbar in ihren Rechten betroffen und daher nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG als Beteiligte zum Verfahren hinzuzuziehen. Stirbt in einer Abstammungssache i.S.v. § 169 FamFG ein Beteiligter vor Rechtskraft der Entscheidung, hat das Gericht gem. § 181 S. 1 FamFG die übrigen Beteiligten darauf hinzuweisen, dass das Verfahren nur fortgesetzt wird, wenn ein Beteiligter dies innerhalb einer Frist von einem Monat durch Erklärung gegenüber dem Gericht verlangt. Ohne ein solches Verlangen binnen der vom Gericht gesetzten Frist gilt das Verfahren gem. § 181 S. 2 FamFG als in der Hauptsache erledigt.

Während des Laufs der Frist nach § 181 FamFG befindet sich das Verfahren mithin in einem Schwebezustand, in dem allein zu klären ist, ob es aufgrund des Antrags eines hierzu Berechtigten fortgesetzt wird oder mit dem Tod des Beteiligten sein Ende gefunden hat. Die Hinzuziehung nächster Verwandter des verstorbenen Mannes im Stadium zwischen dessen Tod und dem Fortsetzungsverlangen eines der übrigen Beteiligten bzw. dem Fristablauf käme daher nur dann in Betracht, wenn den nächsten Verwandten selbst das Antragsrecht des § 181 S. 1 FamFG zustünde und ihnen dadurch die Möglichkeit eröffnet wäre, den Schwebezustand durch ein eigenes Fortsetzungsverlangen zu beenden. Verneint man hingegen ihre Berechtigung i.S.d. § 181 FamFG, fehlt es dann, wenn wie hier keiner der übrigen Beteiligten ein Fortsetzungsverlangen innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stellt, an einem (Hauptsache)Verfahren, an dem die nächsten Verwandten beteiligt werden könnten.

Wie der Senat mit Beschluss vom heutigen Tage in dem Parallelverfahren XII ZB 671/14 entschieden hat, sind die Eltern des Kindesvaters nach dessen Tod nicht gem. § 181 S. 1 FamFG berechtigt, die Fortsetzung des Verfahrens zu verlangen. Dies ergibt die Auslegung der Vorschrift nach Wortlaut, Gesetzgebungsgeschichte, Sinn und Zweck sowie Systematik des Gesetzes. Mangels eines Fortsetzungsverlangens durch einen der hierzu berechtigten übrigen Verfahrensbeteiligten gilt das Abstammungsverfahren daher als in der Hauptsache erledigt. Für die von der Mutter des Verstorbenen begehrte Hinzuziehung ist mangels anhängigen Verfahrens demnach kein Raum.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.08.2015 11:33
Quelle: BGH online

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