Otto Schmidt Verlag

BGH 22.10.2015, V ZB 126/14

Erbengemeinschaft wird nicht durch Übergang aller Erbteile auf Bruchteilsgemeinschaft aufgelöst

In Fällen, in denen Miterben ihre Anteile am Nachlass jeweils zu gleichen Bruchteilen auf mehrere Erwerber übertragen, entsteht eine Bruchteilsgemeinschaft nur an den Erbteilen. Hinsichtlich des Nachlasses bleiben die Inhaber der Erbteile gesamthänderisch verbunden. Befindet sich im Nachlass ein Grundstück, werden die Erwerber deshalb mit dem Zusatz "in Erbengemeinschaft" als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Ihre Eintragung als Miteigentümer ist nur nach entsprechender Auflassung möglich.

Der Sachverhalt:
Der 1948 verstorbene P. war von Dr. R. und A. beerbt worden, die sodann in das Grundbuch als Eigentümer des zum Nachlass gehörenden Grundstücks "in Erbengemeinschaft" eingetragen wurden. Mit notarieller Urkunde vom aus Februar 2013 übertrug jeder der beiden Miterben seinen Erbanteil jeweils zur Hälfte auf die Beteiligten zu 1) und 2). Diese wurden ebenfalls mit dem Zusatz "in Erbengemeinschaft" in das Grundbuch eingetragen.

Später beantragten die Beteiligten zu 1) und 2), das Grundbuch dahin zu berichtigen, dass sie unter Wegfall des Zusatzes "in Erbengemeinschaft" als Miteigentümer zu je 1/2 eingetragen werden. Das Grundbuchamt wies diesen Berichtigungsantrag zurück. Es war der Ansicht, dass zur Entstehung einer Miteigentümergemeinschaft es einer Erbauseinandersetzung nebst Auflassung bedürfe. Das OLG wies die hiergegen gerichtete Beschwerde zurück. Auch die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) vor dem BGH blieb erfolglos.

Gründe:
Zu Recht war das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass über einen Erbteil auch in Bruchteilen verfügt werden kann und dass die Überführung eines im Gesamthandseigentum stehenden Nachlassgrundstücks in Bruchteilseigentum der Auflassung bedarf. Richtig war auch, dass die gesamthänderische Bindung vorliegend nicht mit der Folge erloschen war, dass die Beteiligten an dem Grundstück Bruchteilseigentum erworben hatten.

Zwar ist umstritten, ob bei Übertragung aller Erbteile zu gleichen Bruchteilen auf mehrere Erwerber die Erbengemeinschaft fortbesteht oder ob sie erlischt mit der Folge, dass die Erwerber ohne vorherige Auflassung als Bruchteilseigentümer des zum Nachlass gehörenden Grundstücks eingetragen werden können. Der Senat teilt allerdings die zuerst genannte Auffassung. Denn der Gesetzgeber hat die Miterbengemeinschaft als Gesamthandsverhältnis mit der Folge ausgestaltet, dass ein Miterbe nach § 2033 Abs. 2 BGB über "seinen Anteil" an einzelnen Nachlassgegenständen nicht verfügen kann; das gilt selbst dann, wenn der Nachlass nur (noch) aus einem einzigen Vermögensgegenstand besteht.

Um die daraus resultierenden Härten abzumildern, hat der Gesetzgeber dem Miterben allerdings gem. § 2033 Abs. 1 BGB die Befugnis eingeräumt, über seinen Anteil am Nachlass zu verfügen, um auf diese Weise eine alsbaldige Verwertbarkeit des Erbteils sicherzustellen. Wird ein Erbteil veräußert, führt dies dazu, dass der Veräußerer aus der mit dem Erbfall kraft Gesetzes zwischen ihm und den übrigen Miterben entstandenen Gesamthandsgemeinschaft ausscheidet und die Gemeinschaft mit dem Erwerber fortgeführt wird. Das gilt nach der Wertung des § 2037 BGB zumindest grundsätzlich selbst dann, wenn keine Miterben mehr beteiligt sind, sondern nur noch Dritte Erbteile halten.

Der Fortbestand der durch den Erbfall begründeten Gesamthandsgemeinschaft kann nur ausnahmsweise verneint werden, weil nicht nur die erbrechtliche, sondern auch die sachenrechtliche Zuordnung in Rede steht, die mit Blick auf die Erfordernisse des Rechtsverkehrs in erhöhtem Maße der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bedarf. Vor diesem Hintergrund kann eine teleologische Reduktion nur in zweifelsfreien Fällen und bei typisierender Betrachtung zum Tragen kommen, praktische Gründe allein rechtfertigen sie nicht.

Linkhinweis:

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.12.2015 15:47
Quelle: BGH online

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