Otto Schmidt Verlag

FG Köln 14.5.2018, 7 K 2906/17

Kein Kindergeld während Masterstudiengang bei Vollzeittätigkeit nach Abschluss einer dualen Ausbildung

Für die Frage, ob eine Ausbildung nach einem bereits erlangten Abschluss Teil der Erstausbildung sein kann, ist nach ständiger Rechtsprechung darauf abzustellen, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt. Insoweit kommt es vor allem auf einen engen sachlichen Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten an und darauf, ob enger zeitlichen Zusammenhang gegeben ist. Im Streitfall fehlt dieser, da das berufspraktische Jahr eine zeitliche Zäsur darstellt.

Der Sachverhalt:

Das Kind A, geboren am 1.10.1994, befand sich vom 1.9.2013 bis 25.8.2016 in der dualen Ausbildung zur Stadtinspektorin mit dem Studienabschluss Bachelor of Laws bei der Stadt. Dadurch erlangte sie die Befähigung für die Laufbahn im gehobenen Dienst. Mit Wirkung vom 25.8.2016 wurde sie zur Stadtinspektorin in das Beamtenverhältnis auf Probe ernannt.

Mit Bescheid vom 3.8.2016 hob das Finanzamt die Kindergeldfestsetzung für A gem. § 70 Abs. 2 EStG ab September 2016 auf, da A im August 2016 ihre Ausbildung beendet habe. Die Klägerin beantragte schließlich am 22.8.2017, rückwirkend Kindergeld ab September 2016 festzusetzen, da sich die Tochter weiterhin in Ausbildung befinde. Seit dem 1.10.2017 sei sie an der Universität für einen berufsbegleitenden Weiterbildungsstudiengang eingeschrieben. Den Antrag lehnte das Finanzamt ab und wies den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück, da A eine Erwerbstätigkeit nach Abschluss erstmaliger Berufsausbildung ausüben würde.

Mit ihrer Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie führte zur Begründung aus, dass ihre Tochter ihr Berufsziel im August 2016 mit Abschluss der dualen Ausbildung zur Stadtinspektorin noch nicht erreicht habe. Ihr Berufsziel sei es von Anfang gewesen, in den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst zu gelangen. Ihre Tochter habe das Studium zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen.

Die Klage hatte jedoch vor dem FG keinen Erfolg. Die Revision wurde zugelassen.

Die Gründe:

Die Klägerin hat für die Zeit von September 2016 bis Oktober 2017 für ihre Tochter A keinen Anspruch auf Kindergeld gem. §§ 62 ff. EStG. Ein Kindergeldanspruch der Klägerin setzt voraus, dass das Kind, welches das 18. Lebensjahr aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, für einen Beruf ausgebildet wird, §§ 63 S. 1 Abs. 1 Nr. 1, S. 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a EStG. Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird das Kind in diesen Fällen nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Unschädlich sind dabei Erwerbstätigkeiten mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit mit bis zu 20 Stunden, ein Ausbildungsverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis.

Im Streitfall hat das Kind im August 2016 eine erstmalige Berufsausbildung abgeschlossen. Während der nachfolgenden Zeit hat sie mehr als 20 Stunden in der Woche gearbeitet und sie befand sich auch nicht in einem Ausbildungsverhältnis. Für die Frage, ob bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss in einem Ausbildungsgang Teil der Erstausbildung sein kann, ist nach ständiger Rechtsprechung darauf abzustellen, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt. Insoweit kommt es vor allem auf einen engen sachlichen Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten an und darauf, ob die Abschnitte in einem engen zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden.

Nach diesen Grundsätzen stellt die duale Ausbildung der Tochter der Klägerin zur Stadtinspektorin verbunden mit dem Bachelorstudiengang keine Ausbildungseinheit mit dem Masterstudium dar, da das Masterstudium eine berufspraktische Erfahrung von mindestens einem Jahr voraussetzt. Auch wenn ein enger sachlicher Zusammenhang angenommen werden kann, fehlt es jedoch an einem engen zeitlichen Zusammenhang. Die durch das berufspraktische Jahr eingetretene zeitliche Zäsur erfolgt nicht allein zur Überbrückung zwischen zwei Abschnitten, sondern stellt eine eigenständige Zulassungsvoraussetzung dar. Die Berufsausbildung ist durch die mit einem Jahr auch erhebliche berufspraktische Zeit bewusst unterbrochen.

Die Berufstätigkeit der Tochter der Klägerin als Stadtinspektorin mit einer Vollzeitstelle nach Abschluss der Ausbildung ab September 2016 stellt zudem eine i.S.d. § 63 S. 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 S. 2 und 3 EStG schädliche Erwerbstätigkeit dar. Diese Berufstätigkeit begründet auch kein Ausbildungsverhältnis, durch welches das Bachelorstudium mit dem Masterstudium verknüpft würde, da bei der Tätigkeit die Erbringung bezahlter Arbeitsleistung im Vordergrund steht und kein Ausbildungsplan vorhanden ist. Allein die Erlangung beruflicher Erfahrung reicht für die Annahme eines Ausbildungsverhältnisses nicht aus. Das Masterstudium absolviert die Tochter der Klägerin in Eigeninitiative berufsbegleitend zur ihrer Tätigkeit.

Linkhinweis:

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 06.09.2018 09:52
Quelle: Justiz NRW online

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