Otto Schmidt Verlag

BGH 8.8.2018, XII ZB 25/18

Versorgungsausgleich bei Übertragung eines vorehelich gebildeten zertifizierten Altersversorgungsvertrags auf einen anderen zertifizierten Versorgungsvertrag

Wird das durch einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag schon vor der Ehezeit gebildete Kapital nach Kündigung des Vertrags während der Ehezeit auf einen anderen zertifizierten Altersvorsorgevertrag übertragen, handelt es sich versorgungsausgleichsrechtlich um ein einheitliches Anrecht, das nur hinsichtlich des ehezeitlich gebildeten Kapitals auszugleichen ist.

Der Sachverhalt:

Die im Oktober 2010 geschlossene Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners wurde durch das Familiengericht geschieden und der Versorgungsausgleich geregelt. Während der Ehezeit hatten beide Versorgungsanrechte erworben. Die Ehefrau war u.a. ursprünglich Inhaberin eines zertifizierten Altersvorsorgevertrags bei der Sparkasse, auf den sie vor und während der Ehezeit Zahlungen geleistet hatte. Im Zeitpunkt der Eheschließung betrug das gebildete Kapital bereits 7.570 €, das sich während der Ehezeit durch weitere Einzahlungen erhöhte. Während der Trennungszeit kündigte sie den Vertrag, um das insgesamt gebildete Kapital von mittlerweile 11.889,60 € auf einen anderen Altersvorsorgevertrag bei der Beteiligten zu 1 zu übertragen. Unter Einbeziehung weiterer Einzahlungen auf den neuen Vertrag hatte das bei der Beteiligten zu 1 bestehende Anrecht zum Ehezeitende einen Kapitalwert von 12.401,36 € mit einem vorgeschlagenen Ausgleichswert von 6.076,66 €.

Das Familiengericht teilte das Anrecht bei der Beteiligten zu 1 intern, indem es von dem beim Ehezeitende bestehenden Kapital das zum Ehezeitbeginn bereits auf den ursprünglichen Altersvorsorgevertrag bei der Sparkasse vorhandene Kapital abzog und ein Anrecht in hälftiger Höhe der Differenz beider Kapitalwerte, somit 2.415,68 € begründete und den weitergehenden Ausgleichs dieses Anrechts wegen grober Unbilligkeit (§ 27 VersAusglG) ausgeschlossen.

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 mit der sie die externe Teilung des unter der Wertgrenze des § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG liegenden Übertragungswerts von 2.415,68 € verfolgte, teilte das OLG das bei der Beteiligten zu 1 bestehende Anrecht im Umfang des vollen Ausgleichswerts von 6.076,66 € intern. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde hatte vor dem BGH Erfolg und führte zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das OLG.

Die Gründe:

Das nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zunächst bei der Sparkasse begründete und sodann bei der Beteiligten zu 1 fortgeführte Anrecht ist als ein einheitliches Versorgungsanrecht anzusehen und als solches nicht in vollem Umfang innerhalb der Ehezeit erworben worden.

Die versorgungsausgleichsrechtliche Behandlung eines durch zertifizierten Altersvorsorgevertrag gebildeten Kapitals, das nach Kündigung des Vertrags auf einen anderen zertifizierten Altersvorsorgevertrag übertragen worden ist, ist rechtlich umstritten. Nach einer überwiegenden Auffassung handelt es dabei leidglich um eine zweckwahrende Umschichtung innerhalb desselben Versorgungssystems mit der Folge, dass vorehezeitlich auf den Altvertrags angesparte Beträge im Versorgungsausgleich unberücksichtigt bleiben. Dem tritt die gegenteilige Meinung mit dem Argument entgegen, dass das ursprünglich bei der Sparkasse begründete Anrecht erloschen sei, wohingegen das bei der Beteiligten zu 1 bestehende Anrecht insgesamt erst während der Ehezeit begründet worden sei und es deshalb vollumfänglich in den Versorgungsausgleich falle.

Erst genannter Ansicht ist zu folgen, denn das Wechseln sowohl des Versorgungsträgers als auch des konkreten Altersversorgungsvertrags vermag der von der Ehefrau betriebenen Versorgung nicht den Charakter eines einheitlichen Anrechts zu nehmen. Der neue Altersvorsorgevertrag wird zudem auch nicht aus Geldern gespeist, die vorher dem güterrechtlichen Ausgleichssystem unterfielen und dem gemeinsamen Verbrauch zur Verfügung standen, sondern aus bereits für die Altersvorsorge genutztem und gebundenem Vermögen. Es handelt sich lediglich um einen Anbieterwechsel aufseiten des Versorgungsträgers innerhalb desselben Ausgleichssystems.

Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck des Versorgungsausgleichs. Zu den Voraussetzungen einer Zertifizierung nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz gehört die grundsätzlich dauerhafte Bindung des gebildeten Kapitals an den Versorgungszweck. Aufgrund der zweckgebundenen Übertragung des gebildeten Kapitals auf ein den Zertifizierungsvoraussetzungen weiterhin unterworfenes Rechtsverhältnis zu lediglich einem anderen Anbieter setzt die Ansparung den Versorgungszweck kontinuierlich fort. Der Ehezeitanteil des bei der Beteiligten zu 1 bestehenden Anrechts ist daher unter Außerachtlassung von auf vorehelich gebildetem Kapital beruhenden Wertanteilen zu bestimmen.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des BGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 27.09.2018 10:28
Quelle: BGH online

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