Otto Schmidt Verlag

FG Düsseldorf 16.8.2018, 15 K 877/18 Kg

Kindergeldanspruch bei mehraktigen Ausbildungsmaßnahmen (Bachelor of Laws)

Die Vollzeitbeschäftigung eines Kindes muss keine schädliche Zäsur einer Erstausbildung darstellen, wenn unmittelbar nach Ausbildung der einschlägige Studiengang aufgenommen wird und dieser weder im Vorfeld noch parallel eine Berufstätigkeit vorschreibt. Die Rechtsfrage ist allerdings u.a. Gegenstand der noch anhängigen Revisionsverfahren BFH Az.: III R 47/17 und III R 8/18, weshalb die Revision zugelassen wurde.

Der Sachverhalt:

Der 1993 geborene Sohn des Klägers hatte am 13.1.2015 die Abschlussprüfung zum Kaufmann in Groß- und Außenhandel bestanden. Bereits zu Beginn der Ausbildung vereinbarte das Kind mit dem Arbeitgeber, mit dessen finanzieller Unterstützung das Bachelorstudium Wirtschaftsrecht anzuschließen und nach dessen Erfolg in das Unternehmen einzutreten. Am Folgetag der bestandenen Prüfung meldete sich der Sohn bei einer Hochschule für Ökonomie und Management zum Studienbeginn 1.3.2015 an. Seither ist er dort mit dem Ziel Bachelor of Laws eingeschrieben; hierzu wendet er wöchentlich ca. 30 Stunden auf. Daneben ist er weiterhin bei mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt.

Im Dezember 2015 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung mit Wirkung vom 1.2.2015 auf und forderte die Zahlungen für Februar bis Juli 2015 i.H.v. 1.128 € zurück. Das Kind habe seine Berufsausbildung am 13.1.2015 beendet und übe seitdem eine Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden aus, die eine schädliche Zäsur zwischen beiden Akten der Berufsausbildung begründe. Am 18.7.2017 beantragte der Kläger die Nachzahlung des Kindergeldes rückwirkend ab Februar 2015 und Wiederaufnahme der laufenden Kindergeldzahlung bis voraussichtlich August 2018. Die Familienkasse lehnte dies ab. Sie war der Ansicht, durch Aufhebung vom 2.12.2015 sei der Zeitraum Februar bis Dezember 2015 verfahrensrechtlich bereits abschließend geregelt. Im Folgezeitraum sei die für den folgenden Ausbildungsabschnitt erforderliche Berufstätigkeit schädlich.

Das FG gab der Klage weitestgehend statt. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:

Die Klage hat keinen Erfolg, soweit der Zeitraum von Februar 2015 bis Dezember 2015 betroffen ist. Denn insoweit wurde die Kindergeldfestsetzung bereits bestandskräftig abgelehnt. Für den Zeitraum seit dem 1.1.2016 ist die Ablehnung der Kindergeldfestsetzung allerdings zu Unrecht erfolgt. Denn das Kind befand sich im Streitzeitraum noch in seiner (erstmaligen) Berufsausbildung.

Der Anspruch auf Kindergeld ist auch nicht wegen der Erwerbstätigkeit des Sohnes in einem Umfang von 40 Wochenstunden im Streitzeitraum ausgeschlossen. Denn das Kind hatte in diesem Zeitraum noch keine erstmalige Berufsausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG abgeschlossen. Das Studium stellte vielmehr einen Teil der Erstausbildung dar. Mangels Abschlusses einer erstmaligen Berufsausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG war die Erwerbstätigkeit im Streitzeitraum nicht anspruchsausschließend. Entsprechend hat der BFH mit Urteil vom 8.9.2016 (Az.: III R 27/15) Kindergeld zuerkannt für ein Kind, das eine Ausbildung zur Physiotherapeutin absolviert, anschließend die Fachhochschulreife erworben und sodann das Studium „Physiotherapie Dual“ aufgenommen hatte, und das während der Dauer des Studiums eine Erwerbstätigkeit als angestellte Physiotherapeutin (ausnahmsweise nicht dual, sondern wegen der in ihrem Fall im ersten Akt bereits absolvierten Berufsausbildung berufsbegleitend) über 30 Wochenstunden ausübte.

Ebenso wie der BFH hat auch der 9. Senat des FG Düsseldorf entschieden, dass eine Erwerbstätigkeit des Kindes dann unschädlich ist, wenn sie im Rahmen einer zeitlich und fachlich zusammen hängenden einheitlichen Erstausbildung erfolgt (dort nach Abschluss des Steuerfachangestellten frühestmöglicher Studienbeginn an der FOM mit dem Ziel Bachelor of Arts Steuerrecht; parallel Vollzeitarbeitsverhältnis als Steuerfachangestellter (Urt. v. 11.1.2018, Az.: 9 K 994/17 Kg, Rev. BFH Az.: III R 8/18). Das FG Münster hat mit Urteil vom 14.5.2018 (Az.: 13 K 1161/17 Kg) entschieden, dass eine Vollzeitbeschäftigung eines Kindes keine schädliche Zäsur einer Erstausbildung darstellt, wenn unmittelbar nach Ausbildung zum Bankkaufmann der Studiengang zum Sparkassenfachwirt aufgenommen wird und dieser weder im Vorfeld noch parallel eine Berufstätigkeit vorschreibt. Die Revisionszulassung stützt sich auf § 115 Abs. 2 FGO; die Rechtsfrage ist u.a. Gegenstand der noch anhängigen Revisionsverfahren BFH Az.: III R 47/17 und III R 8/18.

Linkhinweis:

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 01.10.2018 10:51
Quelle: Rechtsprechungsdatenbank NRW

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