Otto Schmidt Verlag

FG Düsseldorf 26.9.2018, 7 K 850/18 Kg

Verwaltungsfachwirtin: Kindergeldanspruch bei mehraktigen Ausbildungsmaßnahmen

Das FG Düsseldorf hat sich erneut mit der Gewährung von Kindergeld bei mehraktigen Ausbildungsmaßnahmen auseinandergesetzt. Bei einer im Anschluss an die Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten begonnenen Ausbildung zur Verwaltungsfachwirtin kann das Vorliegen von mehraktigen Ausbildungsmaßnahmen zu bejahen sein.

Der Sachverhalt:

Der Kläger begehrt Kindergeld für seine 1993 geborene Tochter A ab August 2016. Nach Beendigung der Schulausbildung im Juli 2013 absolvierte A eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten vom 1.8.2013 bis 31.7.2016. Mit seinem Kindergeldantrag von Juli 2013 teilte der Kläger mit, A werde ihre Ausbildung im Juli 2016 beenden. Seit November 2016 bis Juli 2019 absolviert A eine Ausbildung zur Verwaltungsfachwirtin. Hierzu hatte sie sich im April 2016 angemeldet. Sie war bei der Stadtverwaltung mit 39 Stunden wöchentlich vollzeitbeschäftigt.

Im Juli 2016 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für A auf. Der Kläger beantragte im Dezember 2017 Kindergeld für A. In dem Antrag teilte er mit, A habe bereits eine Berufsausbildung zur Verwaltungsfachangestellten im Juni 2016 abgeschlossen. Ihr Berufsziel sei Verwaltungsfachwirtin für qualifizierte Sachbearbeitung. Die Familienkasse lehnte den Kindergeldantrag ab.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision zum BFH wurde zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

Die Gründe:

Dem Kläger steht für den streitigen Zeitraum ein Anspruch auf Kindergeld für die Tochter A zu.

Die Tochter des Klägers befand sich bis zum Abschluss des Angestelltenlehrgangs II in der Erstausbildung zur Verwaltungsfachwirtin. Mit der Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten lag noch keine abgeschlossene Erstausbildung vor. Für die Frage, ob bereits der erste (objektiv) berufsqualifizierende Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang zum Verbrauch der Erstausbildung führt oder ob bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang Teil der Erstausbildung sein kann, ist nach ständiger BFH-Rechtsprechung darauf abzustellen, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt. Insoweit kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang (z.B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden.

Hierfür ist auch erforderlich, dass aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar wird, dass das Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet hat. Da es im Rahmen des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG auf das angestrebte Berufsziel des Kindes ankommt, muss der Tatbestand "Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung" nicht bereits mit dem ersten (objektiv) berufsqualifizierenden Abschluss. Ob bereits der erste (objektiv) berufsqualifizierende Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang zum Verbrauch der Erstausbildung führt oder ob bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss Teil der Erstausbildung sein kann, richtet sich danach, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt.

Der erforderliche fachliche Zusammenhang ergibt sich hier daraus, dass sich die Ausbildungsgänge inhaltlich und schwerpunktmäßig auf denselben Fachbereich (Tätigkeit in der öffentlichen Verwaltung) beziehen und nach den Ausbildungsplänen aufeinander aufbauen. Für den zeitlichen Zusammenhang reicht es aus, dass die Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten und zur Verwaltungsfachwirtin im direkten Anschluss erfolgt sind. Angestrebtes Berufsziel der Tochter des Klägers war eine Tätigkeit im Personalbereich der Kommunalverwaltung, für die die Ausbildung zur Verwaltungsfachwirtin erforderlich ist. Nach ihrer schlüssigen und glaubhaften Zeugenaussage hatte sie sich hierfür bereits nach dem Abitur beworben, aber keine Zusage erhalten, so dass sie den Einstieg über die Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten genommen hat, um unmittelbar danach den Angestelltenlehrgang II zu besuchen.

Linkhinweis:

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 17.10.2018 14:57
Quelle: Rechtsprechungsdatenbank NRW

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