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Aktuell im FamRB

Zuständigkeiten und Verfahrensabläufe in internationalen Kindschaftssachen (Finger, FamRB 2018, 489)

Für Kindschaftssachen mit internationalen Bezügen, die in Deutschland geführt werden, sind unsere Bestimmungen für gerichtliche und behördliche Zuständigkeiten weitgehend verdrängt durch internationale Abkommen, etwa das KSÜ, das MSA bzw. europäische Rechtsregeln, vor allem die VO Nr. 2201/2003. Für die Kindesentführung gilt vorrangig das HKÜ von 1980, wobei über die Rückführung im Zufluchtsstaat zu entscheiden, die elterliche Sorge aber durchgängig erst im Ausgangsstaat zu regeln ist. Zuständigkeiten bleiben teils erhalten, wenn das Kind seinen Aufenthaltsort verlegt, perpetuatio fori, insb. beim Umzug mit den Eltern und (vor allem) bei der internationalen Entführung, zu anderen Teilen aber nicht, weil Behörden und Gerichte entscheiden sollen, die sachnah sind und die Lebensverhältnisse der Beteiligen, vor allem des Kindes, am besten beurteilen können. Häufig ist so auch die Rechtsanwendung in der Sache festgelegt, Gleichlauf mit internationalen Zuständigkeiten.

I. Einführung

II. Internationale Kindesentführung

1. HKÜ – Verhältnis unter den Mitgliedstaaten

a) Anwendungsbereich

b) Widerrechtliches Verbringen oder Zurückhalten

c) Abläufe im Einzelnen, Rechtsmittelzüge bei Verfahrensführung in Deutschland

2. VO Nr. 2201/2003

3. KSÜ

III. Internationale Zuständigkeiten in sonstigen kindschaftsrechtlichen Verfahren mit Auslandsbezug

1. § 99 FamFG

2. VO Nr. 2201/2003

3. MSA

4. KSÜ


I. Einführung

II. Internationale Kindesentführung
1. HKÜ – Verhältnis unter den Mitgliedstaaten
a) Anwendungsbereich

Für die internationale Kindesentführung sind die Bestimmungen des Haager Abk. über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung v. 25.10.1980 (HKÜ) maßgeblich, dem auch Deutschland angehört. Vor längerer Zeit ist die Türkei, später Marokko beigetreten. Andere haben mit Staaten, die durch das Abk. nicht gebunden sind, denn die besonderen Regeln wirken nur unter den Mitgliedern, eigene völkerrechtliche Abreden getroffen, um die Rückgabe entführter Kinder sicherzustellen, etwa Frankreich und Belgien vorwiegend mit Staaten aus Nordafrika. Deutschland hat sich dazu nicht entschließen können.

Beraterhinweis
Selbst bei einer vorläufigen gerichtlichen Sorgerechtsentscheidung sollten die Beteiligten darauf achten, dass ihre elterlichen Befugnisse allenfalls eingeschränkt, aber nicht auf den anderen Elternteil insgesamt übertragen werden, selbst wenn sie sonst nicht streiten. Zumindest ist die Übersiedlung mit dem Kind ins Ausland ausdrücklich als Ausnahme festzuhalten, für die gemeinsame Absprachen notwendig werden. Denn nicht immer werden sie sich darauf verlassen können, dass die Gerichte in dem Staat, in den der zunächst so berechtigte Elternteil verzieht, die Dinge ebenso sehen, wie sie das Gericht im Ausgangsverfahren gesehen hat.

Dabei hat ein Elternteil das Kind/die Kinder entführt, wenn er in Sorgebefugnisse des anderen eingegriffen und ohne dessen Genehmigung oder Zustimmung und so widerrechtlich gehandelt und den gewöhnlichen Aufenthaltsort aus dem Staat, in dem dieser bisher lag, in einen anderen Staat verlegt hat. Zwischenaufenthalte in Drittstaaten schaden nicht. Unerheblich ist die Staatsangehörigkeit der Beteiligten. Für die Rechtsanwendung bei den Gerichten oder Behörden des Zufluchtsstaates wird das Recht am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Kindes unmittelbar vor der Entführung Grundlage, Art. 3 HKÜ. Über die elterliche Sorge entscheiden auf Antrag erst die Gerichte im Herkunftsstaat nach den sonst üblichen Regeln und den Maßstäben, die für sie gelten, wenn die Rückführung des Kindes angeordnet ist. Nach Art. 16 HKÜ darf eine Sorgerechtsregelung im Zufluchtsstaat nicht mehr ergehen, wenn die dortigen Behörden bzw. Gerichte die in dieser Vorschrift vorgesehene Mitteilung erhalten haben.

b) Widerrechtliches Verbringen oder Zurückhalten
Nach Art. 3 HKÜ gilt „das Verbringen oder Zurückhalten“ eines Kindes als widerrechtlich, wenn „das Sorgerecht verletzt wird, das einer Person, Behörde oder sonstigen Stelle allein oder gemeinsam nach dem Recht des Staates zusteht, in dem das Kind ...

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 27.11.2018 14:24
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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