Otto Schmidt Verlag

BGH v. 10.7.2019 - XII ZB 507/18

Familiengerichtliche Billigung einer Umgangsregelung nach § 156 Abs. 2 FamFG durch Beschluss

Eine Umgangsregelung nach § 156 Abs. 2 FamFG bedarf der anschließenden familiengerichtlichen Billigung durch Beschluss. Gegen den Billigungsbeschluss ist die Beschwerde statthaft. Dabei ist auch ein Elternteil, der der Umgangsregelung zugestimmt hat, zur Beschwerde befugt.

Der Sachverhalt:
Die Beteiligten zu 1) und 2) (Eltern) streiten über den Umgang des Vaters mit seinem im Januar 2013 geborenen und seit Juli 2015 bei der Mutter lebenden Sohn. Das AG hat einen im Anhörungstermin durch die Eltern geschlossenen Vergleich zum Umgang durch Beschluss gebilligt. Danach ist der Vater u.a. ab Ende Juni 2018 alle zwei Wochen zum Umgang mit jeweils zwei Übernachtungen berechtigt.

Hiergegen legte die Mutter Beschwerde ein und begehrte in Abänderung des gebilligten Vergleichs eine dem Kindeswohl entsprechende Umgangsregelung. Das OLG regelte auf der Grundlage einer im Beschwerdeerfahren getroffenen Übereinkunft der Eltern den Umgang des Vaters mit dem Kind neu. Es bestimmte sechs begleitete Umgangstermine bis Ende 2018 - jeweils für die Dauer von 2 Stunden - und überließ die Regelung des Umgangs für die Zeit danach entsprechend ihres im Anhörungstermin geäußerten Einvernehmens den Eltern.

Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Vaters hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das OLG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beschwerde der Mutter gegen den Beschluss, mit dem das AG den Vergleich der Eltern zum Umgangsrecht gebilligt hat, zulässig ist.

Gem. § 58 Abs. 1 FamFG findet die Beschwerde gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach dem FamFG statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Erzielen die Beteiligten Einvernehmen über den Umgang oder die Herausgabe des Kindes, ist die einvernehmliche Regelung gem. § 156 Abs. 2 Satz 1 FamFG als Vergleich aufzunehmen, wenn das Gericht diese billigt (gerichtlich gebilligter Vergleich). Nach § 156 Abs. 2 Satz 2 FamFG billigt das Gericht die Umgangsregelung, wenn sie dem Kindeswohl nicht widerspricht. Allerdings ist umstritten, ob eine familiengerichtliche Billigung i.S.v. § 156 Abs. 2 FamFG eine beschwerdefähige Endentscheidung i.S.d. § 58 Abs. 1 FamFG ist.

Nach einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung hat die durch das Gericht ausgesprochene Billigung bloß deklaratorische Bedeutung. Lediglich der Vergleich, nicht aber die Billigung durch das Gericht habe eine verfahrensabschließende Wirkung. Nach der wohl überwiegenden - auch vom OLG vertretenen - Auffassung erfolgt die gerichtliche Billigung hingegen gem. § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG durch Endentscheidung in Form eines Beschlusses; dieser Beschluss sei mit der Beschwerde anfechtbar. Solle das Gericht die Vereinbarkeit der Regelung mit dem Kindeswohl prüfen, so könne dies sachgerecht nicht schon aufgrund der einvernehmlich gefundenen Eckpunkte einer Regelung erfolgen. Gegenstand der Vollstreckung sei nicht der Vergleich, sondern der gerichtliche Billigungsbeschluss, dem erst die verfahrensabschließende Wirkung zukomme.

Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend. Der Senat hat bereits entschieden, dass eine Umgangsvereinbarung vom Familiengericht regelmäßig nach § 156 Abs. 2 FamFG durch Beschluss zu billigen ist. Zwar verweist die Gegenmeinung auf den Wortlaut des § 156 Abs. 2 Satz 1 FamFG, wonach die einvernehmliche Regelung über den Umgang als Vergleich aufzunehmen ist, wenn das Gericht diese billigt. Das bedeutet indes nicht, dass die Protokollierung bereits die konstitutive Billigung des Gerichts beinhaltet, worauf auch die Regelung des § 156 Abs. 2 Satz 2 FamFG hindeutet. Gegen den Beschluss ist die Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft. Entgegen der erstgenannten Auffassung führt nicht schon die zwischen den Eltern geschlossene Vereinbarung zu einem Abschluss des Verfahrens.

Dass der Beschwerde führende Elternteil dem vereinbarten Umgang zuvor zugestimmt hatte, steht seiner Beschwerdebefugnis nicht entgegen. Diese folgt vielmehr aus dem Elternrecht nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Hieraus leitet sich die Befugnis zur ("treuhänderischen") Wahrnehmung von Rechten des Kindes gegenüber dem Staat oder gegenüber Dritten ab. Aus ähnlichen Erwägungen wird auch eine Übertragung der Alleinsorge auf einen Elternteil aufgrund der erteilten Zustimmung des anderen nach § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB als mit der Beschwerde anfechtbar erachtet. Die Zustimmung könne bis zur gerichtlichen Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz frei widerrufen werden, weil sich ein Elternteil wegen seiner unverzichtbaren Verantwortlichkeit für das Kindeswohl nicht endgültig und bindend dieses pflichtgebundenen Rechts begeben könne. Gemessen daran hat das OLG die Beschwerdebefugnis der Mutter zutreffend bejaht.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 29.08.2019 14:14
Quelle: BGH online

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