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Teilungsversteigerung des Familienheims vor der Ehescheidung - ein verfahrensrechtliches No-Go? (Kogel, FamRB 2019, 411)

Der Autor untersucht die Frage, ob vor der Ehescheidung die Teilungsversteigerung des vormaligen ehelichen Familienheims zulässig ist. Dabei zeigt er auf, welche Möglichkeiten bestehen, die sich hieraus ergebende Problemsituation von vornherein zu vermeiden.

I. Einleitung

II. Das Problem

III. Die Gegenmeinung

IV. Lösungsmöglichkeiten

1. Alternative: echte Forderungsversteigerung

2. Verstoß gegen Treu und Glauben durch einen Beitritt

3. Vorzeitiger Zugewinnausgleich

4. Abtretung eines geringen Anteils

V. Ausblick


I. Einleitung

Im Zuge härter werdender vermögensrechtlicher Auseinandersetzungen spielt das Familienheim regelmäßig eine entscheidende Rolle. Wenn im Sinne der Konflikteskalation nach Glasl zumindest die Stufe 7 erreicht ist (begrenzte Vernichtungsschläge), will oftmals einer der Beteiligten nunmehr durch eine Teilungsversteigerung Bewegung in festgefahrene Verhandlungen bringen. Dies erscheint in der Regel ein wirksames, manchmal das letzte Mittel zu sein, um die Gegenseite zu einem Einlenken zu „bewegen“. Eines ist unstreitig: Vor Rechtskraft einer Scheidung verbietet das BGB die Einleitung des Teilungsversteigerungsverfahrens jedenfalls dann, falls im gesetzlichen Güterstand die Voraussetzungen einer Gesamtvermögensverfügung gegeben sind (§ 1365 BGB). Anerkannt ist insoweit, dass bereits der Antrag auf Durchführung dieser zwangsweisen Auseinandersetzung unzulässig ist. Damit wird die Möglichkeit eines Drittwiderspruchsverfahrens (§ 771 ZPO) eröffnet. Desweiteren ist nach der Rechtsprechung eine Teilungsversteigerung unzulässig, sofern hierdurch gegen die Grundsätze der Rücksichtnahme im Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft verstoßen wird (§ 1353 BGB). In diesem Zusammenhang wird immer wieder auf eine Entscheidung des BGH verwiesen. Deren Begründung ist allerdings antiquiert; der Sachverhalt mutet teilweise geradezu skurril an: Der 1955 gestellte Ehescheidungsantrag des Ehemannes wurde in 2. Instanz abgewiesen. 1958 zog der Ehemann aus dem gemeinsamen Haus aus. Mittlerweile war die Ehefrau geisteskrank geworden. Ihre Eintragung als Miteigentümerin der Reichsheimstätte war nur auf Drängen der Siedlungsgesellschaft erfolgt. Aus den nach heutigem Rechtsverständnis kaum noch nachvollziehbaren Urteilsgründen, die maßgeblich vom damaligen Verschuldensprinzip beeinflusst wurden, lässt sich letztlich nur entnehmen, dass eine umfassende Interessenabwägung zu erfolgen hat. Sicher gilt dabei: Je länger die Trennung dauert, desto geringer wird die Pflicht zur ehelichen Rücksichtnahme. Ketzerisch lässt sich aus heutiger Sicht sagen: Einer Ehe, die nunmehr – ohne Rechtsgrund – leichter aufgekündigt werden kann als ein Mietvertrag, ist im Gegensatz zur früheren Rechtslage die Auflösung geradezu immanent. Damit muss jeder der Partner rechnen.

Beraterhinweis
Sofern die Ehe noch nicht rechtskräftig geschieden ist, muss vorab sorgfältig geprüft werden, ob der Antrag auf Teilungsversteigerung nicht einen Verstoß gegen das Gebot der ehelichen Rücksichtnahme oder das Gesamtverfügungsverbot darstellt. Ist letzteres der Fall, muss als Reaktion neben einem Drittwiderspruchsantrag sogar ein Antrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich mit entsprechenden Verfahrenskosten in Betracht gezogen werden, vgl. § 1365, § 1385 Ziff. 2 BGB.

II. Das Problem
Seit einer Entscheidung des Hans. OLG Hamburg ist eine starke Verunsicherung in der Praxis zu beobachten. Nach diesem Beschluss soll eine Teilungsversteigerung des Familienheims generell vor Rechtskraft der Scheidung unzulässig sein. Der Sachverhalt:

Sechs Jahre schwebt das Ehescheidungsverfahren bereits zwischen den kinderlosen Eheleuten. Nachdem der Ehemann seit langem aus dem Hause ausgezogen ist, bewohnt die Ehefrau weiterhin die ca. 430 m² große Ehewohnung. Der Ehemann stellt einen Teilungsversteigerungsantrag. Die Ehefrau ist diesem Verfahren beigetreten. Sie favorisiert die freihändige Veräußerung. Angeblich liegt ihr insoweit bereits ...

 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 01.10.2019 11:24
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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