Otto Schmidt Verlag

BGH v. 21.11.2018 - XII ZB 303/18

Zur Bewertung des Versorgungsanrechts eines kommunalen Wahlbeamten

Bei der Bewertung des Versorgungsanrechts eines kommunalen Wahlbeamten ist die höchstens erreichbare Zeitdauer i.S.v. § 40 Abs. 2 VersAusglG die Zeit bis zum Ende der Wahlperiode, die in dem für die letzte tatrichterliche Entscheidung maßgebenden Zeitpunkt läuft.

Der Sachverhalt:

Das AG - Familiengericht - hat die im Juni 1999 geschlossene Ehe der Antragstellerin (Ehefrau) und des Antragsgegners (Ehemann) geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Während der Ehezeit (1.6.1999 bis 29.2.2016; § 3 Abs. 1 VersAusglG) haben beide Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, darüber hinaus die Ehefrau eine Beamtenversorgung bei der Beteiligten zu 2) sowie Anrechte in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der Beteiligten zu 3), der Ehemann Anrechte aus einer betrieblichen Altersversorgung bei der Beteiligten zu 5).

Die Ehefrau ist seit Oktober 2008 Beigeordnete (Kommunale Wahlbeamtin auf Zeit der Besoldungsgruppe B 4) bei einem sächsischen Landkreis. Nach ihrer Wiederwahl im Oktober 2015 endet die aktuelle Wahlperiode im Oktober 2022. Vor der Wahl zur Beigeordneten war sie seit Juni 2000 bei demselben Landkreis in verschiedenen Funktionen tätig, darunter seit 2006 in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit (Besoldungsgruppe A 13). Der Landrat des Landkreises sagte ihr mit Schreiben vom 30.92009 "für die Zeit ab dem 15.10.2015" eine Rückkehr in das von ihr bis zur Wahl ausgeübte Amt zu, sofern zu diesem Zeitpunkt die übrigen Voraussetzungen nach dem Sächsischen Beamtengesetz in ihrer Person erfüllt sind.

In der Versorgungsauskunft der Beteiligten zu 2) ist als Ende der Gesamtzeit der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit das Ende der Wahlperiode am 14.10.2022 berücksichtigt und der Ehezeitanteil der Versorgung mit mtl. rd. 2.300 € angegeben. Darauf fußend hat das AG das von der Ehefrau in der Beamtenversorgung erworbenen Anrecht extern geteilt, indem es zugunsten des Ehemanns ein Anrecht i.H.v. (2.300 € / 2 =) 1.150 € mtl. auf dem vorhandenen Konto der gesetzlichen Rentenversicherung des Ehemanns begründet hat, sowie das in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes erworbene Anrecht intern geteilt. Von einem Ausgleich der beiderseits in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte sowie des betrieblichen Anrechts des Ehemanns hat es in Anwendung des § 18 Abs. 1 und 2 VersAusglG abgesehen. Gegen diese Entscheidung legte die Ehefrau Beschwerde ein mit dem Ziel, den Ehezeitanteil ihres bei der Beteiligten zu 2) bestehenden Anrechts unter der Annahme einer Gesamtdienstzeit bis zum Erreichen der für sie als Beamtin maßgeblichen Altersgrenze am 31.12.2040 zu bewerten und mit einem dementsprechend geringeren Ausgleichswert von mtl. rd. 750 € festzusetzen.

Das OLG wies die Beschwerde zurück; die Rechtsbeschwerde der Ehefrau hatte vor dem BGH ebenfalls keinen Erfolg.

Die Gründe:

Für den Ausgleich von Anrechten aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis sind gem. § 44 Abs. 1 Nr. 1 VersAusglG die Grundsätze der zeitratierlichen Bewertung anzuwenden. Zu ermitteln ist gem. § 40 Abs. 2 VersAusglG die Zeitdauer, die bis zu der für das Anrecht maßgeblichen Altersgrenze höchstens erreicht werden kann. Zudem ist der Teil dieser Zeitdauer zu ermitteln, der mit der Ehezeit übereinstimmt. Der Wert des Ehezeitanteils ergibt sich, wenn das Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Zeitdauer und der höchstens erreichbaren Zeitdauer mit der zu erwartenden Versorgung multipliziert wird. Die höchstens erreichbare Zeitdauer endet für Beamte auf Lebenszeit mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze, soweit nicht gesetzlich eine andere Altersgrenze (besondere Altersgrenze) bestimmt ist. Dabei sind nach allgemeiner Auffassung auch die von der Regelaltersgrenze abweichenden besonderen Altersgrenzen für bestimmte Gruppen des öffentlichen Dienstes zu beachten.

Als kommunale Wahlbeamtin ist die Ehefrau Beamtin auf Zeit. Bei einer solchen endet die höchstens erreichbare Zeitdauer mit dem Ablauf der Amtszeit (Wahlperiode), weil eine Wiederwahl nicht sicher ist. Ausgehend davon hat das OLG die maximale Zeitdauer in rechtlich nicht zu beanstandender Weise bis zum Ende der aktuellen Wahlperiode als Beigeordnete bis zum 14.10.2022 bemessen. Zwar war der Ehefrau für die Zeit nach Ablauf der ersten Wahlperiode, ab dem 15.10.2015, eine Rückkehrmöglichkeit in das von ihr zuvor ausgeübte Amt zugesagt worden. Die Rückkehrmöglichkeit zum 15.10.2015 ist von der Ehefrau jedoch aufgrund ihrer Wiederwahl zur Beigeordneten nicht wahrgenommen worden. Eine weitere Zusage über eine Rückkehrmöglichkeit zum 15.10.2022 ist nicht erteilt worden.

Das OLG ist zudem rechtlich zutreffend davon ausgegangen, dass die auf den 15.10.2015 bezogene Rückkehrzusage nicht als eine erweiterte Rückkehrzusage wahlweise zum 15.10.2022 ausgelegt werden kann. Weil deshalb die Rückkehr in ein Beamtenverhältnis nach Ablauf der zweiten Wahlperiode als Beigeordnete nicht hinreichend gesichert ist, währt die für den Versorgungsausgleich zugrunde zu legende maximale Zeitdauer der Dienstzeit nur bis zum 14.10.2022. Tritt nach der Entscheidung über den Versorgungsausleich ein anderer als der angenommene Sachverhalt ein, kann dieser in einem Abänderungsverfahren nach §§ 225 ff. FamFG erfasst werden.

Linkhinweis:

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.12.2018 14:07
Quelle: BGH online

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