Otto Schmidt Verlag

FG Hamburg v. 2.3.2020 - 6 V 4/20

Rückforderung von Kindergeld: Zuständigkeit der Hauptzollämter im Vollstreckungsverfahren

Der Antrag auf einstweilige Anordnung der vorläufigen Einstellung der Vollstreckung aus einem Kindergeldrückforderungsbescheid kann nicht auf die mögliche sachliche oder örtliche Unzuständigkeit der Agentur für Arbeit Recklinghausen (Inkasso-Service) gestützt werden. Denn die Vollstreckung wird in eigener Verantwortung durch die zuständigen Hauptzollämter betrieben.

Der Sachverhalt:
Die Familienkasse Hamburg (die Rechtsvorgängerin der Familienkasse Nord) der Bundesagentur für Arbeit hatte 2012 die Festsetzung des Kindergeldes für den Sohn der Klägerin ab April 2008 aufgehoben und das von April 2008 bis März 2012 gezahlte Kindergeld in Höhe von ca. 8.000 € von der Klägerin zurückgefordert mit der Begründung, dass das Kind den Haushalt der Klägerin am 1.4.2008 verlassen habe.

Die Agentur für Arbeit Recklinghausen - Inkasso-Service Familienkasse - der Bundesagentur für Arbeit (im Folgenden: Inkasso-Service) forderte die Antragstellerin mehrfach erfolglos zur Zahlung der Kindergelderstattung auf.

Das Hauptzollamt Hamburg-1 erließ wegen der Kindergelderstattung zzgl. Säumniszuschlägen und Vollstreckungsgebühren ggü. der Bank B, bei der die Antragstellerin ein Girokonto unterhält, eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung.

Die Antragstellerin beantragte 2019 beim SG Hamburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Vollstreckung. Das SG erklärte den Rechtsweg zum Sozialgericht für unzulässig und verwies den Rechtsstreit an das FG Hamburg.

Die Antragstellerin beantragte sodann beim FG Hamburg, im Wege der einstweiligen Anordnung die Vollstreckung aus dem Erstattungsbescheid einzustellen. Das FG hat den Antrag abgewiesen. Die Beschwerde wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für die einstweilige Anordnung einer Vollstreckungseinstellung nicht vor. Es fehlt bereits an dem erforderlichen Anordnungsanspruch:

Die Vollstreckung ist insbesondere nicht wegen Unbilligkeit einzustellen, bis nachgewiesen wird, dass der Inkasso-Service für die Vollstreckung sachlich und örtlich zuständig ist (so aber Hessisches FG, Beschluss v. 30.8.2019 - 12 V 591/19). Insoweit kann offenbleiben, ob sich die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Inkasso-Services aus dem Beschluss des Vorstandes der Bundesagentur für Arbeit vom 20.9.2018 ergibt, nach welchem die Antragsgegnerin mit Wirkung vom 1.12.2018 zuständig für die Bearbeitung von Rechtsbehelfen gegen Entscheidungen des Inkasso-Services im Bereich des steuerlichen Kindergeldes ist.

Denn die Vollstreckung wird nicht durch den Inkasso-Service, sondern durch das Hauptzollamt Hamburg-1 betrieben, das die Pfändungs- und Einziehungsverfügung bzgl. des Kontos der Antragstellerin erlassen hat. Dessen Zuständigkeit für die Vollstreckung und für die Entscheidung über Anträge auf Vollstreckungsaufschub ergibt sich aus Abschnitt V 32.2 Abs. 1 Satz 2 DA-KG. Diese Dienstanweisung hat das BZSt als die nach § 5 Abs. Nr. 1 Nr. 11 Satz 1 FVG für die Durchführung des Familienleistungsausgleichs sachlich zuständige Behörde erlassen und hierin die ausschließliche sachliche Zuständigkeit für das Vollstreckungsverfahren zulässigerweise den Hauptzollämtern als nachgeordneten Bundesfinanzbehörden (§ 1 Nr. 3 FVG) übertragen. Unabhängig von einer etwaigen Weisung des Inkasso-Services hat das jeweilige Hauptzollamt vor Ergreifen einer Vollstreckungsmaßnahme in eigener Verantwortung das Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen zu prüfen und das Ermessen auszuüben.


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 30.06.2020 12:28
Quelle: FG Hamburg online

zurück zur vorherigen Seite