Otto Schmidt Verlag

Aktuell im FamRB

(Kindes-)Unterhaltsrecht ohne Mehrbedarf? (Spangenberg, FamRB 2020, 289)

Die Rechtsprechung beteiligt den ein minderjähriges Kind betreuenden Elternteil über spezielle Mehrbedarfspositionen am Barunterhalt. Der Verfasser beleuchtet die insoweit auftretenden Schwierigkeiten. Als Alternative schlägt er vor, erwerbstätige Eltern beide zur Zahlung eines ihrer Leistungsfähigkeit entsprechenden Tabellenunterhalts zu verpflichten und einem betreuenden Elternteil zum Ausgleich einen Betreuungsbonus einzuräumen. Dem Verfasser geht es dabei darum, die vielen Detailerörterungen und Unwägbarkeiten eines ausufernden Mehrbedarfsdenkens einzudämmen.

1. Vorbetrachtungen

2. Trennungsbedingter Mehrbedarf

3. Mehrbedarf beim Kindesunterhalt

a) Bestimmung des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB

b) Kritik an der herrschenden Rechtsprechung

c) Der Surrogatsgedanke

aa) Umgangsbarbedarf

bb) Babysitter-Kosten

cc) Geteilte Betreuung

dd) Betreuungsbonus

ee) Konkretisierung der Unterhaltsbemessung

ff) Verbleibende Mehrbedarfsfälle

4. Ergebnisse


1. Vorbetrachtungen

Fällt eine Familie auseinander und sind infolgedessen Unterhaltsansprüche zu regeln, so geht es stets auch um die Deckung des Mehrbedarfs, der aus der Aufteilung der Familie auf zwei oder mehr Einzelhaushalte entsteht. Neuer Wohnraum muss geschaffen und der Hausrat ergänzt werden.

Grundsätzlich sind zwei Formen der Unterhaltsbemessung möglich. Stehen nur die seitherigen Mittel für den Unterhalt zur Verfügung, so werden sie gleichmäßig verteilt. Der Mangel wird verwaltet. Weder die Tabellenbeträge der Düsseldorfer Tabelle noch die Ehegattenquote befriedigen den trennungsbedingten Mehrbedarf. Allen Ansprüchen ist durch die Leistungsfähigkeit der Verpflichteten eine Kappungsgrenze gesetzt. Da die Unterhaltsansprüche mit der gleichmäßigen Verteilung der Mittel erfüllt sind, ist neben der Pauschale kein Anspruch auf Befriedigung eines noch so dringenden individuellen Mehrbedarfs denkbar.

Eine andere Unterhaltsbemessung wird möglich, wenn die Mittel des Verpflichteten ausreichen, um auch den trennungsbedingten Mehrbedarf zu decken. In diesen Fällen umfasst der Unterhaltsanspruch alle Bedarfspositionen einschließlich der neu hinzu gekommenen. Hierbei bildet der individuelle Bedarf die Obergrenze des Unterhalts. Wieviel der Verpflichtete darüber hinaus leisten könnte, um an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit zu stoßen, ist ohne Interesse.

Da das Maß eines Unterhaltsanspruchs entweder durch die Leistungsfähigkeit oder durch den Bedarf bestimmt wird, je nach dem welcher der beiden Werte der niedrigere ist, sind Versuche, Unterhaltssätze, die durch die beschränkte Leistungsfähigkeit bestimmt werden, durch einzelne Mehrbedarfspositionen zu korrigieren, systemwidrig störend. Entsprechend kennt das Gesetz gerademal einen Sonderfall, den des Sonderbedarfs, in dem eine individuelle Bedarfsbetrachtung zur Geltung kommt.

2. Trennungsbedingter Mehrbedarf
Schlechte Erfahrungen hat die Rechtsprechung mit dem trennungsbedingten Mehrbedarf beim Ehegattenunterhalt gemacht. Zu Zeiten der Anrechnungsmethode, musste eine Hausfrau und Mutter, die nach der Ehe erwerbstätig wurde, sich ihren Verdienst auf den Unterhalt anrechnen lassen. Diese Ungerechtigkeit versuchte man teilweise dadurch zu kompensieren, dass ...
 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.07.2020 16:37
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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