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Aktuell im FamRB

Die Aufhebung der Bestellung zum Verfahrensbeistand (Splitt, FamRB 2020, 331)

Die Aufhebung der Bestellung zum Verfahrensbeistand ist im Gesetz nur lückenhaft geregelt. Trotzdem besteht in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit darüber, dass das Familiengericht berechtigt ist, die Bestellung eines Verfahrensbeistands wieder aufzuheben. Die Voraussetzungen hierfür sind nicht abschließend geklärt, obwohl die Problematik praxisrelevant ist. Befürchten Kindeseltern eine für sie ungünstige Stellungnahme seitens des Verfahrensbeistands, versuchen sie, dies zum Teil durch seine Auswechselung zu verhindern. Daneben gibt es aber auch Fälle, in denen der Verfahrensbeistand ungeeignet und eine Aufhebung der Bestellung zur Sicherung der Verfahrensrechte des Kindes geboten ist.


1. Stellung und Aufgaben des Verfahrensbeistands

2. Voraussetzungen für die Aufhebung der Bestellung

3. Fallgruppen

a) Gründe in der Person der Verfahrensbeistands

b) Gründe im Verhalten des Verfahrensbeistands

4. Verfahrensrechtliche Fragen

5. Fazit
 

1. Stellung und Aufgaben des Verfahrensbeistands

Eine sachgerechte Ausgestaltung der Regelungen zur Aufhebung der Bestellung zum Verfahrensbeistand muss sich an seiner Stellung und den ihm vom Gesetz übertragenen Aufgaben orientieren.

Das FamFG sieht vor, dass das Kind in Kindschaftsverfahren Verfahrensbeteiligter i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG ist. Allerdings ist das Kind gem. § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG nur ausnahmsweise selbst verfahrensfähig. Grundsätzlich wird es durch seine Eltern vertreten. Dies birgt allerdings die Gefahr, dass das Kind im Elternstreit zum bloßen Objekt wird und seine häufig nicht mit denen seiner Eltern deckungsgleichen Interessen keine hinreichende Berücksichtigung finden. Diesem Umstand soll der in § 158 FamFG geregelte Verfahrensbeistand abhelfen. Die Schaffung des Verfahrensbeistands verdeutlicht die Subjektstellung des Kindes und seine Individualität als Grundrechtsträger. Der Verfahrensbeistand ist Vertreter der objektiven Kindesinteressen und soll dem subjektiven Willen des Kindes Gehör verschaffen.
Es handelt sich um einen „Pfleger eigener Art“. Im Unterschied zum Ergänzungspfleger nach §§ 1909 ff. BGB ist der Verfahrensbeistand kein gesetzlicher Vertreter des Kindes (§ 158 Abs. 4 Satz 6 FamFG).

Auch steht er nicht unter der Aufsicht und Kontrolle des Gerichts. Er ist diesem weder zur Auskunft noch zur Rechenschaft verpflichtet. Das Gericht hat grundsätzlich keine Möglichkeit, auf die Art und Weise der Wahrnehmung der Aufgaben durch den Verfahrensbeistand Einfluss zu nehmen. Seine Stellung ist durch eine besondere Unabhängigkeit und Autonomie gegenüber den übrigen Verfahrensbeteiligten und dem Familiengericht gekennzeichnet. Durch die Bestellung wird er zum eigenständigen Verfahrensbeteiligten (§ 158 Abs. 3 Satz 2 FamFG) mit allen daraus resultierenden Rechten; so kann er im Interesse des Kindes auch Rechtsmittel einlegen (§ 158 Abs. 4 Satz 5 FamFG). Kosten des Verfahrens können ihm nicht auferlegt werden (§ 158 Abs. 8 FamFG). Einer gütlichen Einigung gem. § 156 Abs. 2 FamFG muss er zustimmen. Die persönliche Anhörung des Kindes soll gem. § 159 Abs. 4 Satz 3 FamFG grundsätzlich in seiner Anwesenheit erfolgen.

Allerdings hat er nicht die rechtlichen Befugnisse eines gesetzlichen Vertreters. Er erlangt seine Beteiligtenstellung erst durch die Bestellung durch das Gericht (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 FamFG) und im Unterschied z.B. zu den Kindeseltern nicht durch eine eigene unmittelbare Betroffenheit. Er wird nur deshalb Beteiligter des kindschaftsrechtlichen Verfahrens, um die Kindesinteressen sachgerecht in das Verfahren einbringen zu können. Das Gesetz spricht ihm seine Rechte und Befugnisse also zur Erfüllung einer bestimmten Funktion zu.

Die Aufgaben des Verfahrensbeistands ergeben sich aus § 158 Abs. 4 FamFG. Er hat nach § 158 Abs. 4 Satz 1 FamFG die Interessen des Kindes zu vertreten und dafür sowohl das subjektive Interesse des Kindes (Willen des Kindes) als auch das objektive Interesse des Kindes (Kindeswohl) einzubeziehen. Hierzu bedarf es der Feststellung der Interessen des Kindes, die in der Regel eine außergerichtliche Kontaktaufnahme des Verfahrensbeistands mit dem Kind erfordert. In diesem Zusammenhang ist regelmäßig eine Stellungnahme gegenüber dem Gericht abzugeben. Nach § 158 Abs. 2 Satz 2 FamFG hat der Verfahrensbeistand das Kind über den Gegenstand des Verfahrens, den Ablauf und den möglichen Ausgang des Verfahrens zu informieren.

Eine weitere Aufgabe des Verfahrensbeistands ist (...)


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 04.08.2020 12:53
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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