Otto Schmidt Verlag

BGH v. 23.9.2020 - XII ZB 482/19

Zur Beschwer des Antragsgegners durch den Ausspruch der Ehescheidung

Der BGH hat sich mit der Frage befasst, inwieweit der Antragsgegner durch den Ausspruch der Ehescheidung beschwert ist. Dabei stritten die Beteiligten vorliegend im Rechtsbeschwerdeverfahren über den Ausspruch der Scheidung ihrer Ehe in einem Verbundbeschluss.

Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten im Rechtsbeschwerdeverfahren über den Ausspruch der Scheidung ihrer Ehe in einem Verbundbeschluss. Die Beteiligten schlossen im Dezember 2012 die Ehe. Der Scheidungsantrag des Antragstellers wurde der Antragsgegnerin am 14.7.2017 zugestellt. Der Trennungszeitpunkt ist zwischen ihnen streitig. Das AG schied die Ehe der Beteiligten durch Teil-Versäumnis- und Endbeschluss regelte und den Versorgungsausgleich. Die von der - im abschließenden Verhandlungstermin nicht mehr anwaltlich vertretenen - Antragsgegnerin gestellten Anträge zu den Folgesachen Ehegattenunterhalt und Güterrecht wies das AG durch Teilversäumnisbeschluss ab.

Die Antragsgegnerin legte, nunmehr wieder anwaltlich vertreten, gegen den Endbeschluss Beschwerde ein. Außerdem legte sie vor dem AG - nach Ablauf der gesetzlichen Frist - Einspruch gegen den Teilversäumnisbeschluss ein und beantragte zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Das AG lehnte eine Wiedereinsetzung ab und verwarf den Einspruch. Auch dagegen legte die Antragsgegnerin Beschwerde ein. Das OLG verband die beiden Beschwerdeverfahren zur Wiederherstellung des Scheidungsverbunds miteinander. Es verwarf die Beschwerde hinsichtlich des Scheidungsausspruchs und der Folgesache Versorgungsausgleich. Bzgl. der Folgesachen Unterhalt und Güterrecht wies es die Beschwerde zurück und ließ die Rechtsbeschwerde nicht zu.

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin hob der BGH den Beschluss des OLG auf, soweit die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den im Teil-Versäumnis- und Endbeschluss des AG enthaltenen Ausspruch der Scheidung der von den Beteiligten geschlossenen Ehe verworfen worden ist, und verwies die Sache im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Die Beschwer der Antragsgegnerin durch den amtsgerichtlichen Beschluss ergibt sich daraus, dass ihre Ehe gegen ihren ausdrücklichen Willen geschieden worden ist. Aus dem angefochtenen Beschluss wie auch aus dem amtsgerichtlichen Beschluss ergibt sich, dass die Antragsgegnerin der Scheidung stets entgegengetreten ist. Sie ist damit sowohl formell als auch materiell beschwert. Dass die Antragsgegnerin, wie von der Rechtsbeschwerdeerwiderung geltend gemacht wird, in der abschließenden mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht anwaltlich vertreten war und somit keinen wirksamen Abweisungsantrag stellen konnte, ändert nichts an der für sie nachteiligen Wirkung der Entscheidung und schließt folglich eine Beschwer nicht aus. Da die Zustimmung zur Scheidung wie auch deren Widerruf nach §§ 114 Abs. 4 Nr. 3, 134 FamFG nicht dem Anwaltszwang unterliegen, ist die Antragsgegnerin durch den Ausspruch der Scheidung auch formell beschwert.

Die vom OLG zitierte weitere Voraussetzung, dass der Rechtsmittelführer das Ziel der Aufrechterhaltung der Ehe eindeutig und vorbehaltlos verfolgen muss, ist vom Senat für den Fall aufgestellt worden, dass der das Rechtsmittel führende Ehegatte in erster Instanz der Scheidung noch zugestimmt oder diese beantragt hat und es dementsprechend an einer formellen Beschwer fehlt. Die Rechtsbeschwerde weist zutreffend darauf hin, dass es sich vorliegend aber nicht um einen solchen Ausnahmefall handelt. Die vom OLG hilfsweise zur Begründetheit des Scheidungsantrags ausgeführten Erwägungen bleiben im Hinblick auf die Verwerfung der Beschwerde unberücksichtigt.

Der angefochtene Beschluss war nach alldem bzgl. der zur Ehescheidung ergangenen Verwerfung der Beschwerde aufzuheben. Eine weitergehende Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nach § 147 FamFG kommt nicht in Betracht, weil es insoweit sowohl an einem Antrag als auch an einer Begründung der Voraussetzungen fehlt. Den von der Rechtsbeschwerde geäußerten Vorstellungen zur Gegenstandslosigkeit der Folgesachen im Fall einer Abweisung des Scheidungsantrags kann ein solcher Antrag schon deswegen nicht entnommen werden, weil diese Rechtsfolge gem. § 142 Abs. 2 Satz 1 FamFG kraft Gesetzes eintritt und eine entsprechende Feststellung durch das Gericht daher allenfalls deklaratorischer Natur ist.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 16.11.2020 10:34
Quelle: BGH online

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