Otto Schmidt Verlag

Aktuelle BGH-Rechtsprechung in Leitsätzen

Hier finden Sie die neuesten Entscheidungen aus der Rubrik "Aktuell" des anstehenden FamRB-Heftes, bevor sie von erfahrenen Praktikern für Sie in den folgenden Heften aufbereitet, mit Beraterhinweisen versehen und die Konsequenzen für Ihre Praxis aufgezeigt werden.
 

BGH, Beschl. v. 2.12.2020 – XII ZB 456/17
Wiedereinsetzung im Betreuungsverfahren
a) Dass die Vorinstanz dem Betroffenen keinen Verfahrenspfleger bestellt hat, stellt unabhängig davon, ob die Nichtbestellung rechtsfehlerhaft war, für sich genommen keinen Wiedereinsetzungsgrund i.S.d. § 17 FamFG dar. Maßgeblich ist vielmehr allein, inwieweit dem Betroffenen selbst bzw. einem ihn vertretenden Verfahrensbevollmächtigten ein Verschulden an der Fristversäumung zur Last fällt.
b) Ein Wiedereinsetzungsgrund i.S.d. § 17 FamFG kann sich wegen § 275 FamFG grundsätzlich nicht schon aus der die Betreuungsbedürftigkeit begründenden psychischen Krankheit des Betroffenen als solcher ergeben (Fortführung BGH v. 15.7.2020 – XII ZB 78/20, FamRZ 2020, 1667 = FamRB 2021, 29 [Ahn-Roth]).
c) Ausnahmsweise ist im Rahmen der Verschuldensprüfung gem. § 17 Abs. 1 FamFG durch das Rechtsmittelgericht die die Betreuungsbedürftigkeit begründende Erkrankung des Betroffenen jedoch zu berücksichtigen, wenn die Vorinstanz unter offensichtlichem Verstoß gegen § 276 FamFG keinen Verfahrenspfleger bestellt hat.
d) Ein solcher offensichtlicher Verstoß gegen § 276 FamFG liegt namentlich vor, wenn die Bestellung eines Verfahrenspflegers unterblieben ist, obwohl die Anordnung eines umfassenden Einwilligungsvorbehalts in Vermögensangelegenheiten in Betracht gekommen ist.


BGH, Beschl. v. 2.12.2020 – XII ZB 291/20
Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung bei unterbliebener persönlicher Anhörung des Untergebrachten
a) Wurde in einer durch Zeitablauf erledigten Unterbringungssache das für die Entscheidung maßgebliche Gutachten dem Betroffenen nicht bekannt gegeben, liegt eine Verletzung des Anspruchs des Betroffenen auf rechtliches Gehör vor (im Anschluss an BGH v. 14.10.2020 – XII ZB 146/20).
b) Das Unterbleiben einer verfahrensordnungsgemäßen persönlichen Anhörung des Betroffenen stellt einen Verfahrensmangel dar, der derart schwer wiegt, dass der genehmigten Unterbringungsmaßnahme insgesamt der Makel einer rechtswidrigen Freiheitsentziehung anhaftet (im Anschluss an BGH v. 14.10.2020 – XII ZB 146/20).


BGH, Beschl. v. 25.11.2020 – XII ZB 352/20
Bekanntgabe des Gutachtens an den Verfahrenspfleger
Sieht das Betreuungsgericht entsprechend § 325 Abs. 1 FamFG von der Bekanntgabe eines Gutachtens an den Betroffenen ab, kann durch die Bekanntgabe des Gutachtens an den Verfahrenspfleger allenfalls dann ein notwendiges Mindestmaß rechtlichen Gehörs sichergestellt werden, wenn zusätzlich die Erwartung gerechtfertigt ist, dass der Verfahrenspfleger mit dem Betroffenen über das Gutachten spricht; letzteres setzt in der Regel einen entsprechenden Hinweis des Betreuungsgerichts an den Verfahrenspfleger voraus (im Anschluss an BGH v. 11.3.2020 – XII ZB 496/19, FamRZ 2020, 1124 und BGH v. 12.2.2020 – XII ZB 179/19, FamRZ 2020, 786).


BGH, Beschl. v. 4.11.2020 – XII ZB 436/19
Vergütungsrechtlicher Heimbegriff i.S.d. § 5 Abs. 3 VBVG a.F.
Lebt der Betroffene in einer angemieteten Wohnung und bezieht er von einem gesonderten Anbieter ambulante Betreuungsleistungen, so hält er sich damit grundsätzlich noch nicht in einem Heim gemäß § 5 Abs. 3 VBVG a.F. auf (im Anschluss an BGH v. 28.11.2018 – XII ZB 517/17, FamRZ 2019, 477 und BGH v. 20.5.2020 – XII ZB 226/18, FamRZ 2020, 1408).
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 19.01.2021 11:03
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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