Otto Schmidt Verlag

Aktuell im FamRB

Kostenrechtliche Änderungen in Familiensachen aufgrund des KostRÄG 2021 (Schneider, FamRB 2021, 123)

Mit Wirkung zum 1.1.2021 ist das Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 v. 21.12.2020 (BGBl. I, 3229 – KostRÄG 2021) in Kraft getreten. Das Gesetz führt zu Änderungen sowohl im RVG als auch in den Gerichtskostengesetzen. Darüber hinaus wurde auch das JVEG angepasst. Neben einer linearen Anhebung der Anwalts- und Gerichtsgebühren ergeben sich strukturelle Änderungen im Kostenrecht, auf die, soweit sie die Familiensachen betreffen, hingewiesen wird.

1. Anrechnung von Gebühren (§ 15a Abs. 2 RVG)
a) Anrechnung mehrerer Wertgebühren
b) Anrechnung von Betragsrahmengebühren
2. Tätigkeiten bei Streitverkündung (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1b RVG)
3. Vergütung bei VKH-Bewilligung für Mehrvergleich
4. Abschluss eines Scheidungsfolgenvergleichs (§ 48 Abs. 3 RVG)
5. Anhebung der PKH/VKH-Gebühren und Erhöhung der Kappungsgrenze (§ 49 RVG)
6. Angaben zur Umsatzsteuerpflicht (§ 55 Abs. 5 RVG)
7. Anrechnung von Gebühren auf die VKH-Vergütung (§ 58 Abs. 2 RVG)
8. Übergangsrecht (§ 60 RVG)
9. Entstehung der Einigungsgebühr neben der Beratungsgebühr (Vorbem. 1 VV-RVG)
10. Terminsgebühr bei Abschluss einer Einigung (Nrn. 3104, 3106 VV-RVG)
11. Reisekosten und Abwesenheitsgelder (Nrn. 7003, 7005 VV-RVG)
12. Parteireisekosten
13. Änderungen in den Gerichtskostengesetzen

a) Lineare Gebührenanpassung
b) Erhöhung des Verfahrenswerts in Kindschaftssachen
14. Gebühren für Vormundschaften und Dauerpflegschaften
a) Bewertungszeitpunkt des Kindesvermögens
b) Gebühren in Vormundschaften und Pflegschaften
15. Gebühren in Betreuungs- und Pflegschaftsverfahren
a) Bewertungszeitpunkt des Betreutenvermögens
b) Gebühren in Betreuungen und Pflegschaften
16. Schlussbemerkung


1. Anrechnung von Gebühren (§ 15a Abs. 2 RVG)

a) Anrechnung mehrerer Wertgebühren

In § 15a RVG, der die Anrechnung von Gebühren regelt, wurde ein neuer Abs. 2 eingefügt. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber den bestehenden Streit, wie zu verfahren ist, wenn mehrere Gebühren auf ein und dieselbe Gebühr anzurechnen sind, entschieden. Die Regelung hat folgenden Wortlaut:

§ 15a
Anrechnung einer Gebühr
(1) ...
(2) Sind mehrere Gebühren teilweise auf dieselbe Gebühr anzurechnen, so ist der anzurechnende Betrag für jede anzurechnende Gebühr gesondert zu ermitteln. Bei Wertgebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung jedoch denjenigen Anrechnungsbetrag nicht übersteigen, der sich ergeben würde, wenn eine Gebühr anzurechnen wäre, die sich aus dem Gesamtbetrag der betroffenen Wertteile nach dem höchsten für die Anrechnungen einschlägigen Gebührensatz berechnet. Bei Betragsrahmengebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung den für die Anrechnung bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigen.
(3) ...


Die neue Anrechnungsregelung des § 15a Abs. 2 RVG sieht vor, dass der Anrechnungsbetrag zwar für jede anzurechnende Gebühr gesondert zu ermitteln ist. Bei Wertgebühren darf der gesamte Anrechnungsbetrag jedoch denjenigen Anrechnungsbetrag nicht übersteigen, der sich ergeben würde, wenn eine Gebühr anzurechnen wäre, die sich aus dem Gesamtbetrag der betroffenen Wertteile nach dem höchsten für die Anrechnungen einschlägigen Gebührensatz berechnet (§ 15a Abs. 2 Satz 2 RVG). Nicht gefolgt ist der Gesetzgeber dabei der Rechtsprechung des BGH, dass sämtliche Geschäftsgebühren gesondert in der tatsächlichen Höhe auf die Verfahrensgebühr anzurechnen seien. 

Zu beachten ist, dass § 15a Abs. 2 RVG nicht nur für die Anrechnung der Geschäftsgebühr gilt, sondern sämtliche Anrechnungen erfasst, weshalb die Vorschrift auch nicht in Vorbem. 3 VV-RVG eingestellt ist.  Keine Anwendung findet die Regelung hingegen in den Fällen der Kettenanrechnung, z.B. wenn der Anwalt zunächst außergerichtlich und anschließend im Mahnverfahren und im streitigen Verfahren tätig gewesen ist. 

Beispiel 1.1:
Der Anwalt war außergerichtlich wegen einer Forderung von 8.000 € beauftragt. Später wird er wegen einer weiteren Forderung von 10.000 € außergerichtlich tätig. Da eine Klärung nicht erfolgt, wird ein gerichtliches Verfahren anhängig, in dem beide Forderungen geltend gemacht werden.
Es ist folgende Vergütung ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 02.03.2021 11:45
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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