Otto Schmidt Verlag

FG Münster v. 11.3.2020 - 3 K 3054/19 AO

Stundung der Schenkungsteuer bei Grundstücksübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt

Die aus der Übertragung eines Grundstücks unter Zurückbehaltung eines Nießbrauchsrechts resultierende Schenkungsteuer ist für zehn Jahre zu stunden, wenn die Beschenkte keine Möglichkeit hat, die Steuer aus eigenen Mitteln zu begleichen. Die wirtschaftliche Situation des Schenkers ist für eine Stundung beim Beschenkten irrelevant.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte im Januar 2019 von ihrer Tante ein Mietwohngrundstück geschenkt bekommen. Diese behielt sich daran ein lebenslanges Nießbrauchsrecht zurück. Im Eigentum der Klägerin stehen daneben ein Grundstück mit Gebäude, in dem sie lebt und ein Blumengeschäft betreibt sowie der hälftige Miteigentumsanteil an einer Ferienwohnung. Beide Grundstücke sind mit Grundschulden belastet.

Das Finanzamt setzte für den Erwerbsvorgang gegenüber der Klägerin zunächst Schenkungsteuer i.H.v. rund 7.000 € fest. Die Klägerin beantragte daraufhin die Stundung der Steuer gem. § 28 Abs. 3 ErbStG, da sie wegen des Nießbrauchsvorbehalts keine Einnahmen aus dem erworbenen Grundstück erziele. Ferner verwies sie auf die geringe Höhe ihrer Einkünfte (ca. 20.500 € im Jahr 2017 bei Krankenversicherungsbeiträgen von 4.700 €) sowie die hohe Darlehensbelastung der beiden übrigen Grundstücke und legte eine Bescheinigung ihrer Hausbank vor, wonach sie keinen weiteren Kredit erhalte.

Das Finanzamt lehnte die Stundung dennoch ab und wies den hiergegen eingelegten Einspruch zurück. Zur Begründung führte es aus, dass eine Stundung bereits deshalb ausgeschlossen sei, weil auch die Tante zur Zahlung der Schenkungsteuer herangezogen werden könne. Dies setze aber eine erfolglose Vollstreckung bei der Klägerin voraus.

Im Klageverfahren verwies die Klägerin ergänzend auf die coronabedingte zeitweise Schließung ihres Blumengeschäftes und reichte eine Liquiditätsrechnung ein, wonach ihr im Jahr 2019 finanzielle Mittel von knapp 5.000 € zur Verfügung gestanden hätten. Die im Klageverfahren auf ca. 10.500 € heraufgesetzte Schenkungsteuer erbrachte die Klägerin durch eine Drittschuldnerzahlung aufgrund einer Kontopfändung und durch ein Darlehen ihrer Mutter.

Das FG gab der gegen die Ablehnung der Stundung gerichteten Klage in vollem Umfang statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Stundung der Schenkungsteuer für einen Zeitraum von zehn Jahren. Der durch Schenkung erworbene Gegenstand stellt nämlich als Mietwohngrundstück begünstigtes Vermögen i.S.v. § 28 Abs. 3 ErbStG dar.

Auch die weitere Voraussetzung, dass der Erwerber die Schenkungsteuer nur durch Veräußerung dieses Vermögens aufbringen kann, ist im vorliegenden Fall erfüllt. Hierdurch wird der Rechtsanspruch auf Stundung nur in den Fällen ausgeschlossen, in denen der Erwerber die Steuer entweder aus weiterem erworbenem Vermögen oder aus seinem vorhandenen eigenen Vermögen aufbringen kann. Aus der Schenkung konnte die Klägerin die Steuer hier nicht aufbringen, weil sie das Grundstück nur unter Nießbrauchsvorbehalt und daneben kein weiteres Vermögen erhalten hatte. Auch das eigene Vermögen der Klägerin hat nicht für die Begleichung der Schenkungsteuer ausgereicht. Dies konnte zweifelsfrei aus den von ihr eingereichten Unterlagen, insbesondere der Liquiditätsrechnung nachgewiesen werden. Auch eine Veräußerung der weiteren vorhandenen Immobilien würde wegen der hohen hierauf lastenden Grundschulden nicht zu einer Steigerung der Liquidität führen.

Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin die Steuer durch Kreditaufnahme im familiären Umfeld hat begleichen können. Denn die Stundungsbedürftigkeit folge bereits daraus, dass die Klägerin bei ihrer Bank keinen Kredit zu marktüblichen Bedingungen erhalten konnte. Die Anforderungen an eine Stundung nach § 28 Abs. 3 ErbStG würden nämlich überspannt werden, wenn ein Erwerber gehalten wäre, sich jenseits des üblichen Kapitalmarkts zu refinanzieren.

Schließlich konnte der Klägerin auch nicht entgegengehalten werden, dass die Tante für die Zahlung der Schenkungsteuer in Anspruch genommen werden könnte. Dies hätte im praktischen Ergebnis nämlich zur Folge, dass eine Stundung bei einem Erwerb unter Lebenden fast immer ausgeschlossen wäre. Die wirtschaftliche Situation des Schenkers ist für eine Stundung beim Beschenkten allerdings irrelevant.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.04.2021 10:09
Quelle: FG Münster Newsletter v. 15.4.2021

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