Otto Schmidt Verlag

Aktuelle BGH-Rechtsprechung in Leitsätzen

Hier finden Sie die neuesten Entscheidungen aus der Rubrik "Aktuell" des anstehenden FamRB-Heftes, bevor sie von erfahrenen Praktikern für Sie in den folgenden Heften aufbereitet, mit Beraterhinweisen versehen und die Konsequenzen für Ihre Praxis aufgezeigt werden.


BGH, Beschl. v. 12.5.2021 – XII ZR 152/19
Zurückweisung einer Zeugenvernehmung im Ausgleichsverfahren nach Beendigung nichtehelicher Lebensgemeinschaft
Die Zurückweisung einer beantragten Zeugenvernehmung wegen Ungeeignetheit des Beweismittels kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es völlig ausgeschlossen erscheint, dass diese Vernehmung sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann; weder die Unwahrscheinlichkeit der Tatsache noch die Unwahrscheinlichkeit der Wahrnehmung der Tatsache durch den benannten Zeugen berechtigen den Tatrichter dazu, von der Beweisaufnahme abzusehen (im Anschluss an BGH v. 12.12.2018 – XII ZR 99/17, NJW-RR 2019, 380 = MDR 2019, 302 = MDR 2019, 467 [Laumen]).

 

BGH, Beschl. v. 12.5.2021 – XII ZB 427/20
Voraussetzungen der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts im Bereich der Vermögenssorge
a) Das Beschwerdegericht darf nicht von der erneuten persönlichen Anhörung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren absehen, wenn von dieser neue Erkenntnisse zu erwarten sind, was etwa dann der Fall ist, wenn das Beschwerdegericht für seine Entscheidung eine neue Tatsachengrundlage wie ein neues Sachverständigengutachten heranzieht (im Anschluss an BGH v. 18.11.2020 – XII ZB 179/20, FamRZ 2021, 303).
b) Der Sachverständige hat den Betroffenen gemäß § 280 Abs. 2 Satz 1 FamFG vor Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen, wobei er vor der Untersuchung des Betroffenen bereits zum Sachverständigen bestellt sein und ihm den Zweck der Untersuchung eröffnet haben muss (im Anschluss an BGH v. 6.2.2019 – XII ZB 393/18, FamRZ 2019, 724).
c) Für die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts im Bereich der Vermögenssorge muss eine konkrete Gefährdung des Vermögens des Betroffenen durch sein aktives Tun festgestellt werden, indem er etwa vermögenserhaltende und -schützende Maßnahmen des Betreuers konterkariert oder andere vermögensschädigende Maßnahmen trifft (im Anschluss an BGH v. 15.8.2018 – XII ZB 10/18, FamRZ 2018, 1770).


BGH, Beschl. v. 5.5.2021 – XII ZB 576/20
Vergütungsrechtlicher Heimbegriff: Gemeinsame Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder
Lebt die Betroffene mit ihrem Kind in einer gemeinsamen Wohnform für Mütter/Väter und Kinder nach § 19 SGB VIII, in der im Wesentlichen nur pädagogische Unterstützungsleistungen angeboten werden, so hält sie sich grundsätzlich noch nicht in einer stationären Einrichtung i.S.v. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 VBVG oder einer gleichgestellten ambulant betreuten Wohnform i.S.v. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, Satz 3 VBVG auf.


BGH, Beschl. v. 5.5.2021 – XII ZB 580/20
Vergütungsrechtlicher Heimbegriff: Zimmer in Außenwohngruppe
Lebt die Betroffene im Rahmen einer Leistungsgewährung der Eingliederungshilfe nach § 102 Abs. 1, § 105 Abs. 1 SGB IX in einem eigenen Zimmer einer Außenwohngruppe, in der Unterstützungsleistungen angeboten werden, zu deren Inanspruchnahme die Betroffene jedoch nicht verpflichtet ist, hält sie sich grundsätzlich nicht in einer einer stationären Einrichtung gleichgestellten ambulant betreuten Wohnform i.S.v. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, Satz 3 VBVG auf.


BGH, Beschl. v. 5.5.2021 – XII ZB 189/20
Keine Ausstellung einer Eheurkunde mit den nach Eheschließung aufgrund Namensänderung geführten Vornamen
Eine transsexuelle Person, deren Vornamen nach der Eheschließung auf der Grundlage des Transsexuellengesetzes geändert worden sind, hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Eheurkunde, in der als ihre Vornamen vor der Ehe ihre aktuell geführten, auf der Namensänderung beruhenden Vornamen genannt werden.

 

BGH, Urt. v. 5.5.2021 – XII ZR 45/20
Erstattungsansprüche des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung auf Grund rechtswidrigen Quasisplittings
a) Hat das Oberlandesgericht im Berufungsurteil seine Rechtswegzuständigkeit bejaht, ohne darüber im Wege der Vorabentscheidung befunden zu haben, ist das Revisionsgericht daran gebunden (im Anschluss an BGH v. 18.11.1998 – VIII ZR 269/97, NJW 1999, 651 und BGH v. 29.3.1996 – V ZR 326/94, BGHZ 132, 245 = NJW 1996, 1890).
b) Aufwendungen des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung auf Grund eines (rechtswidrig durchgeführten) Quasi-Splittings von privatrechtlichen Versorgungsansprüchen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen sind nach § 225 Abs. 1 Satz 1 SGB VI zu erstatten (Fortführung von BGH v. 17.4.1985 – IVb ZB 796/81, FamRZ 1985, 794 sowie von BSG v. 21.3.2018 – B 13 R 17/15, R SozR 4 2600 § 225 Nr. 3).

 

BGH, Beschl. v. 5.5.2021 – XII ZB 510/20
Erforderlichkeit der Bestellung eines Verfahrenspflegers im Betreuungsverfahren
Die Bestellung eines Verfahrenspflegers für den Betroffenen ist regelmäßig schon dann geboten, wenn der Verfahrensgegenstand die Anordnung einer Betreuung in allen Angelegenheiten als möglich erscheinen lässt (im Anschluss an BGH v. 11.9.2019 – XII ZB 537/18, FamRZ 2020, 50) oder wenn das Betreuungsgericht einen Einwilligungsvorbehalt anordnet (im Anschluss an BGH v. 2.12.2020 – XII ZB 456/17, FamRZ 2021, 457).



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 21.06.2021 16:26
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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