Otto Schmidt Verlag

LAG Düsseldorf v. 26.3.2021 - 6 Sa 746/20

Zur Elternteilzeit und der Bestimmtheit des Teilzeitantrags

Der Antrag des Arbeitnehmers auf Teilzeit während der Elternzeit muss den Bestimmtheitsanforderungen entsprechen, wie sie allgemein an Vertragsanträge i.S.d. § 145 BGB gestellt werden. Diesen Anforderungen wird ein Antrag nicht gerecht, wenn die gewünschte wöchentliche Stundenzahl mit der Einschränkung "voraussichtlich" angegeben wird.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist bei der Beklagten 2014 als Sales Representative tätig. Nach der Geburt ihres ersten Kindes war die Klägerin für die Beklagte während der Elternzeit in Teilzeit tätig. In Erwartung ihres zweiten Kindes mit einem für den 25.9.2019 errechneten Geburtstermin stellte die Klägerin am 25.6.2019 auf einem Vordruck der Beklagten einen Antrag auf Elternzeit für die Dauer von 24 Monaten. Der Vordruck enthielt darüber hinaus folgenden Text mit der Möglichkeit eines Ankreuzens:

" ? Variante 3: Elternzeit und Teilzeitarbeit

Ferner beabsichtige ich, während der Elternzeit vom bis in Teilzeit zu arbeiten. Hierzu plane ich Wochenstunden in Teilzeit tätig zu sein."


Die Klägerin kreuzte diese Variante an, füllte den Zeitraum der Elternzeit mit "25.9.20 bis 24.9.21" aus und trug als Wochenstunden "30" ein. Über die Angabe der 30 Wochenstunden fügte sie handschriftlich "voraussichtlich" ein.In einer an die Beklagte gerichteten E-Mail vom 26.6.2019 führte die Klägerin aus, sie habe "voraussichtlich 30 Stunden" angegeben, da es sich insoweit um die Maximalzahl handle. Nach Auskunft der Elternteilzeitstelle könne der Antrag noch bis zu sieben Wochen vor Beginn der Teilzeit gestellt werden. Aus diesem Grund wolle sie sich vorbehalten, eine niedrigere Stundenzahl zu nehmen, je nach Betreuung.

Die Beklagte bestätigte daraufhin die Elternzeit für die Dauer von 24 Monaten, die beantragte Teilzeit während der Elternzeit lehnte sie jedoch ab. Sie war der Ansicht, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit habe, da es sich bei ihr um ein Kleinunternehmen i.S.d. § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BEEG handele.Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass ihr Antrag auf Teilzeitbeschäftigung nur in Schriftform hätte abgelehnt werden dürfen. Da es daran mangele, werde die Zustimmung der Beklagten zu ihrem Teilzeitantrag fingiert. Dies gelte selbst dann, wenn die Arbeitgeberin nicht mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftige. Den Zeitraum der begehrten Teilzeittätigkeit hat sie an den tatsächlichen Geburtstermin ihres zweiten Kindes, dem 16.9.2019, angepasst.

Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das LAG die Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Gründe:
Die Zustimmung der Beklagten zur Teilzeit gilt nicht gem. § 15 Abs. 7 S. 5 BEEG als erteilt. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob diese Fiktion überhaupt greifen kann, sofern ein Arbeitgeber nicht mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt. Auch wenn man dies zugunsten der Klägerin unterstellt, so fehlt es jedenfalls an einem wirksamen Teilzeitantrag. Der Antrag des Arbeitnehmers auf Teilzeit während der Elternzeit muss den Bestimmtheitsanforderungen entsprechen, wie sie allgemein an Vertragsanträge i.S.d. § 145 BGB gestellt werden. Diesen Anforderungen wird ein Antrag nicht gerecht, wenn die gewünschte wöchentliche Stundenzahl mit der Einschränkung "voraussichtlich" angegeben wird.

Der Klägerin steht auch kein Anspruch gegen die Beklagte auf Teilzeit für die Zeit vom 17.9.2020 bis zum 16.9.2021 zu. Der auf Annahme eines Vertragsangebots gerichtete Antrag ist zwar nicht schon deshalb unbegründet, weil die Klägerin die rückwirkende Änderung ab dem 17.9.2020 verlangt. Denn seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 kommt die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung mit Rückwirkung in Betracht. Allerdings ist ein Anspruch der Klägerin gem. § 15 Abs. 7 BEEG nicht gegeben, da es an der Voraussetzung des § 15 Abs. 7 S.1 Nr. 1 BEEG fehlt. Denn die Beklagte beschäftigt nicht mehr als 15 Arbeitnehmer.

Für § 15 BEEG kommt es anders als für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes allein auf die Zahl der Beschäftigten beim Vertragsarbeitgeber, nicht auf die Mitarbeiterzahl im Betrieb an. Zweiter Arbeitgeber i.S.d. § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 BEEG ist das Unternehmen, nicht der Betrieb. Dementsprechend hat ein Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit, wenn er zwar in einem Gemeinschaftsbetrieb mit mehr als 15 Arbeitnehmern beschäftigt ist, der Vertragsarbeitgeber aber nicht diese Mindestbeschäftigtenzahl erreicht.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 17.08.2021 13:35
Quelle: Justiz NRW

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