Otto Schmidt Verlag

Aktuelle BGH-Rechtsprechung in Leitsätzen

Hier finden Sie die neuesten Entscheidungen aus der Rubrik "Aktuell" des anstehenden FamRB-Heftes, bevor sie von erfahrenen Praktikern für Sie in den folgenden Heften aufbereitet, mit Beraterhinweisen versehen und die Konsequenzen für Ihre Praxis aufgezeigt werden.

 

BGH, Beschl. v. 14.7.2021 – XII ZB 135/21
Absehen von weiteren Ermittlungen im Betreuungsverfahren
a) Die Durchführung von (weiteren) Ermittlungen in einem Betreuungsverfahren setzt hinreichende Anhaltspunkte dafür voraus, dass die Errichtung einer Betreuung oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts in Betracht kommt (im Anschluss an BGH v. 6.9.2017 – XII ZB 180/17, FamRZ 2017, 1962).
b) § 280 Abs. 1 FamFG verpflichtet das Gericht nur dann zur Einholung eines Sachverständigengutachtens, wenn das Verfahren mit einer Betreuerbestellung oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts endet. Wird davon abgesehen, ist die Einholung eines Gutachtens nach § 280 Abs. 1 Satz 1 FamFG nicht zwingend erforderlich (im Anschluss an BGH v. 18.3.2015 – XII ZB 370/14, FamRZ 2015, 844).


BGH, Beschl. v. 7.7.2021 – XII ZB 106/18
Vergütung des Berufsbetreuers bei Mittellosigkeit des Betreuten
a) Vergütungsschuldner des Berufsbetreuers ist bei Mittellosigkeit des Betreuten die Staatskasse und bei vorhandenem verwertbaren Vermögen der Betreute. Für die Feststellung, ob der Betreute mittellos oder vermögend ist, ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz abzustellen (im Anschluss an BGH v. 19.8.2015 – XII ZB 314/13, FamRZ 2015, 1880 und BGH v. 6.2.2013 – XII ZB 582/12, FamRZ 2013, 620).
b) Für den Umfang des dem Betreuer zu vergütenden Zeitaufwands ist hingegen darauf abzustellen, ob der Betreute im Vergütungszeitraum mittellos war (im Anschluss an BGH v. 6.2.2013 – XII ZB 582/12, FamRZ 2013, 620).
c) Bei der Ermittlung des einzusetzenden Vermögens ist grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, ob den Vermögenswerten Schulden oder Verpflichtungen des Hilfebedürftigen gegenüberstehen (im Anschluss an BGH v. 6.2.2013 – XII ZB 582/12, FamRZ 2013, 620). Daher können auch im Vergütungsfestsetzungsverfahren die Voraussetzungen der Mittellosigkeit des Betroffenen nicht dadurch herbeigeführt werden, dass die festzusetzende Vergütung vorab als Verbindlichkeit von seinem Vermögen abgezogen wird.


BGH, Beschl. v. 30.6.2021 – XII ZB 191/21
Zwangsbehandlung eines Schizophrenen mit Elektrokonvulsionstherapie
Zur Zwangsbehandlung eines an Schizophrenie in akut exazerbiertem, teils katatonem Zustand leidenden Betreuten mittels Elektrokonvulsionstherapie/Elektrokrampftherapie (EKT), durch deren Wirkung eine nachfolgende neuroleptische Behandlung ermöglicht werden soll (im Anschluss an BGH v. 15.1.2020 – XII ZB 381/19, BGHZ 224, 224 = FamRZ 2020, 534).


BGH, Beschl. v. 30.6.2021 – XII ZB 73/21
Voraussetzungen der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts für vermögensrechtliche Angelegenheiten
a) Ob und für welche Aufgabenbereiche ein objektiver Betreuungsbedarf besteht, bedarf der konkreten tatrichterlichen Feststellung und ist aufgrund der konkreten, gegenwärtigen Lebenssituation des Betroffenen zu beurteilen (im Anschluss an BGH v. 21.10.2020 – XII ZB 153/20, FamRZ 2021, 385).
b) Ein Einwilligungsvorbehalt für vermögensrechtliche Angelegenheiten kann nur dann angeordnet werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Vermögensgefährdung erheblicher Art vorliegen (im Anschluss an BGH v. 9.5.2018 – XII ZB 577/17, FamRZ 2018, 1193).


BGH, Beschl. v. 16.6.2021 – XII ZB 208/20
Betreuervergütung: Regelmäßige Berechnung des Betreuungsmonats mit 30 Tagen
Zur zeitanteiligen Berechnung der Fallpauschale nach § 5 VBVG, wenn sich die auf Grund oder Höhe der Betreuervergütung auswirkenden Umstände vor Ablauf des vollen Monats ändern.


BGH, Beschl. v. 9.6.2021 – XII ZB 491/20
Betreuervergütung: Vergleichbarkeit mit (Fach-)Hochschulausbildung
Der Umstand, dass die von einem Berufsbetreuer abgeschlossene Berufsausbildung im beamtenrechtlichen Laufbahnrecht dem Diplom einer Fachhochschule gleichgestellt und dem Betreuer im Wege der sog. Nachdiplomierung ein akademischer Grad (hier: Diplom-Verwaltungswirt) zuerkannt worden ist, kann für die Vergleichbarkeit seiner Ausbildung mit einer (Fach-)Hochschulausbildung sprechen (Fortführung von BGH v. 11.12.2019 – XII ZB 258/19, NJW-RR 2020, 259 = MDR 2020, 313).


BGH, Beschl. v. 2.6.2021 – XII ZB 582/20
Stationären Einrichtungen gleichgestellte ambulant betreute Wohnform
Lebt der Betroffene im Rahmen einer Leistungsgewährung der Eingliederungshilfe nach §§ 90 ff., 113 ff. SGB IX in einem eigenen Zimmer einer Außenwohngruppe, in der Unterstützungsleistungen angeboten werden, zu deren Inanspruchnahme er jedoch nicht verpflichtet ist, hält er sich grundsätzlich nicht in einem Heim i.S.v. § 5 Abs. 3 VBVG a.F. oder in einer einer stationären Einrichtung gleichgestellten ambulant betreuten Wohnform i.S.v. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, Satz 3 VBVG auf (im Anschluss an BGH v. 5.5.2021 – XII ZB 580/20).



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 31.08.2021 12:49
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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