Otto Schmidt Verlag

Aktuelle BGH-Rechtsprechung in Leitsätzen

Hier finden Sie die neuesten Entscheidungen aus der Rubrik "Aktuell" des anstehenden FamRB-Heftes, bevor sie von erfahrenen Praktikern für Sie in den folgenden Heften aufbereitet, mit Beraterhinweisen versehen und die Konsequenzen für Ihre Praxis aufgezeigt werden.


BGH, Beschl. v. 26.1.2022 – XII ZB 280/20
Vollstreckbarerklärung von Gericht in Florida erlassener Entscheidung über Kindesunterhalt
Zu den Voraussetzungen des (hier bejahten) Anerkennungshindernisses nach Art. 22 lit. e Nr. i HUÜ 2007 im Fall einer nach dem Verfahrensrecht des Ursprungsstaats erfolgten fiktiven Zustellung der Benachrichtigung vom Unterhaltsverfahren (im Anschluss an BGH v. 9.6.2021 – XII ZB 416/19, FamRZ 2021, 1647 = FamRB 2021, 443 [Streicher]).


BGH, Beschl. v. 26.1.2022 – XII ZB 227/21
Glaubhaftmachung rechtzeitigen Einwurfs einer Rechtsmittelbegründungsschrift in Postkasten
Zur im Rahmen eines Wiedereinsetzungsgesuchs mittels anwaltlicher Versicherung erfolgten Glaubhaftmachung des rechtzeitigen Einwurfs einer Rechtsmittelbegründungsschrift durch den Verfahrensbevollmächtigten in einen Postkasten (im Anschluss an BGH v. 13.1.2021 – XII ZB 329/20, FamRZ 2021, 619 = FamRB 2021, 376 [Ahn-Roth] und BGH v. 18.12.2019 – XII ZB 379/19, FamRZ 2020, 618 = FamRB 2020, 150 [Ahn-Roth]).


BGH, Beschl. v. 26.1.2022 – XII ZB 439/21
Heilung der Verletzung des rechtlichen Gehörs in durch Zeitablauf erledigtem Unterbringungsverfahren
a) Wurde in einer durch Zeitablauf erledigten Unterbringungssache das für die Entscheidung maßgebliche Gutachten dem Betroffenen nicht rechtzeitig vor seiner Anhörung bekannt gegeben, liegt eine Verletzung des Anspruchs des Betroffenen auf rechtliches Gehör vor (im Anschluss an BGH v. 30.6.2021 – XII ZB 573/20, FamRZ 2021, 1742).
b) Die Verletzung des rechtlichen Gehörs kann nicht durch erneute Anhörung im Abhilfeverfahren geheilt werden, sondern nur dadurch, dass das Beschwerdegericht eine eigene Anhörung durchführt (im Anschluss an BGH v. 22.9.2021 – XII ZB 93/21, FamRZ 2022, 135).


BGH, Beschl. v. 19.1.2022 – XII ZB 357/21
Unverzüglich angebrachtes Ablehnungsgesuch in Betreuungssache
Wird in einer Betreuungssache ein Ablehnungsgesuch, das allein auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung gestützt ist, mit der Einlegung der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde verbunden, ist dieses unverzüglich i.S.v. § 6 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 44 Abs. 4 Satz 2 ZPO angebracht.


BGH, Beschl. v. 19.1.2022 – XII ZB 324/21
Betreuervergütung: Stationärer Einrichtung gleichgestellte ambulant betreute Wohnform
Ist im Rahmen des mit dem Betroffenen abgeschlossenen Wohn- und Betreuungsvertrags nur der Bereich des Wohnens geregelt und kann sich der Betroffene im Rahmen seines Wunsch- und Wahlrechts nach § 8 SGB IX selbst die für ihn darüber hinaus erforderlichen Eingliederungshilfeleistungen gegebenenfalls bei unterschiedlichen Trägern auswählen, fehlt es an einer einer stationären Einrichtung gleichgestellten ambulant betreuten Wohnform (im Anschluss an BGH v. 16.6.2021 – XII ZB 46/21, MDR 2021, 1157).


BGH, Beschl. v. 12.1.2022 – XII ZB 418/21
Bezeichnung und Konkretisierung vom Auskunftspflichtigen vorzulegender Belege
a) Belege, die ein Auskunftspflichtiger vorlegen soll, müssen in dem Titel bezeichnet und daher jedenfalls in den Entscheidungsgründen konkretisiert werden (im Anschluss an BGH v. 10.2.2021 – XII ZB 376/20, FamRZ 2021, 770 = FamRB 2021, 292 [Stockmann]).
b) Hat die Auskunftsverpflichtung, gegen die sich der Rechtsmittelführer zur Wehr setzt, keinen vollstreckbaren Inhalt, erhöht sich die Beschwer um die mit der Abwehr einer insoweit ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung verbundenen Kosten (im Anschluss an BGH v. 10.2.2021 – XII ZB 376/20, FamRZ 2021, 770 = FamRB 2021, 292 [Stockmann]).


BGH, Beschl. v. 15.12.2021 – XII ZB 245/20
Ermittlung des für die Vergütung eines Berufsbetreuers einzusetzenden Vermögens des Betreuten
a) Bei der Ermittlung des für die Vergütung eines Berufsbetreuers einzusetzenden Vermögens des Betreuten ist grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, ob den Vermögenswerten Schulden oder Verpflichtungen des Hilfebedürftigen gegenüberstehen (im Anschluss an BGH v. 7.7.2021 – XII ZB 106/18, FamRZ 2021, 1743). Dies gilt grundsätzlich auch für Regressansprüche der Staatskasse nach § 1908i Abs. 1, § 1836e Abs. 1 Satz 1 BGB hinsichtlich zeitlich vorausgegangener Betreuervergütungen.
b) Der für die Geltendmachung der Betreuervergütung in § 9 Satz 1 VBVG vorgeschriebene Abrechnungszeitraum ist grundsätzlich auch in Bezug auf den Beginn und das Ende der jeweiligen Abrechnungsmonate strikt einzuhalten (im Anschluss an BGH v. 15.12.2021 – XII ZB 355/20, nachstehend). Etwas anderes kann gelten, wenn das Amtsgericht zuvor bereits davon abweichend die Vergütung nach kalendarisch bestimmten Abrechnungszeiträumen rechtskräftig festgesetzt hat (Fortführung BGH v. 28.5.2008 – XII ZB 53/08, FamRZ 2008, 1611 = FamRB 2008, 344 [Locher]).


BGH, Beschl. v. 15.12.2021 – XII ZB 355/20
Bestimmung des Vermögensstatus eines Betreuten i.S.v. § 5 Abs. 4 VBVG
a) Bei der Bestimmung des Vermögensstatus eines Betreuten i.S.v. § 5 Abs. 4 VBVG i.V.m. § 1836c Nr. 2, § 1836d BGB ist grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, ob den Vermögenswerten Schulden oder Verpflichtungen gegenüberstehen. Daher können auch in einem Vergütungsfestsetzungsverfahren die Voraussetzungen der Mittellosigkeit eines Betreuten nicht dadurch herbeigeführt werden, dass die festzusetzende oder die für einen vorangegangenen Abrechnungszeitraum aus der Staatskasse an den Betreuer bereits ausbezahlte Vergütung vorab als Verbindlichkeiten vom Vermögen des Betreuten abgezogen werden (Fortführung von BGH v. 7.7.2021 – XII ZB 106/18, FamRZ 2021, 1743).
b) Der für die Geltendmachung der Betreuervergütung in § 9 Satz 1 VBVG vorgeschriebene dreimonatige Abrechnungszeitraum ist auch in Bezug auf den Beginn und das Ende der jeweiligen Abrechnungsmonate grundsätzlich strikt einzuhalten (Fortführung von BGH v. 6.7.2016 – XII ZB 493/14, FamRZ 2016, 1759 und BGH v. 25.5.2011 – XII ZB 440/10, FamRZ 2011, 1220 = FamRB 2011, 281 [Locher]).
 

 

BGH, Beschl. v. 15.12.2021 – XII ZB 101/21
Tatrichterliche Feststellung des Vorliegens besonderer, für die Betreuung nutzbarer Kenntnisse des Betreuers
Die tatrichterliche Feststellung, dass eine 1989 in der ehemaligen DDR abgeschlossene Facharbeiterausbildung zum Wirtschaftskaufmann mit der Spezialisierungsrichtung Industrie mit späterer Anerkennung als Industriekaufmann keine besonderen, für die Betreuung nutzbaren Kenntnisse vermittelt, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 01.03.2022 10:59
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

zurück zur vorherigen Seite