Otto Schmidt Verlag

Aktuell im FamRB

Die Vollstreckung von Unterhaltstiteln in Einkommen und Konten (Giers, FamRB 2022, 156)

Die Besonderheit der Vollstreckung von Unterhaltstiteln besteht darin, dass abgesehen von den Rückständen nicht wegen einer einmaligen Summe, sondern wegen laufender Zahlungen zu vollstrecken ist. Daher ist es wichtig, in Vermögen zu vollstrecken, das einen wiederholten Zugriff ermöglicht. Dafür bieten sich insbesondere das Arbeitseinkommen und die Bankkonten an.

I. Vorbereitung der Vollstreckung
II. Vollstreckung in Arbeitseinkommen

1. Das pfändbare Einkommen
2. Pfändungsschutz bei der Pfändung aufgrund nicht privilegierter Forderungen
3. Freibetrag bei Pfändung von Unterhaltsforderungen
4. Anrechnung anderer Einnahmen
5. Kontopfändung
6. Pfändungsschutz bei Kontopfändung
7. Ausblick


I. Vorbereitung der Vollstreckung
Der Gläubiger (die männliche Form steht hier und im Folgenden für alle Geschlechter) eines Unterhaltstitels hat im Unterschied zu Gläubigern anderer Titel häufig den Vorteil, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners zu kennen. Er muss also nicht erst ermitteln, in welche Objekte er vollstrecken kann. Sofern keine sicheren Erkenntnisse vorliegen und der Schuldner in einem zwischen den Beteiligten geführten gerichtlichen Verfahren die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt hat, wird gelegentlich versucht, einen Einblick in dessen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erhalten. Nach § 117 Abs. 2 ZPO dürfen die Erklärung und die Belege dem Gegner nur mit Zustimmung des Antragstellers zugänglich gemacht werden, es sei denn der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Ein solcher Auskunftsanspruch ist im Unterhaltsrecht regelmäßig gegeben. Es ist allerdings zu beachten, dass § 117 Abs. 2 ZPO kein Akteneinsichtsrecht des Gegners begründet, sondern nur die Modalitäten beschreibt, unter denen die Erklärung und die Belege zugänglich gemacht werden können. Die Bezugnahme auf bestehende materiell-rechtliche Auskunftsansprüche als Voraussetzung für die Zugänglichmachung der Erklärung dient lediglich der Gewährleistung datenschutzrechtlicher Belange. Es wird allerdings die Ansicht vertreten, dass ein dem Grunde nach bestehender Auskunftsanspruch ausreiche, um das Akteneinsichtsgesuch als begründet anzusehen.

Im Übrigen muss der Weg über den Gerichtsvollzieher beschritten werden. Dazu ist zunächst die Abnahme der Vermögensauskunft gem. § 802c ZPO zu beantragen. Der Antrag muss mit dem nach § 1 der Gerichtsvollzieherformular-Verordnung (GVFV) eingeführten Formular gestellt werden, indem dort das Modul G angekreuzt wird. Der Gläubiger hat dabei die Wahl, ob er die Abnahme der Vermögensauskunft ohne (Modul G 1) oder nach vorherigem Pfändungsversuch (Modul G 2) wählt. Da die Pfändung ohnehin selten zum Erfolg führt und darüber hinaus zur dauerhaften Befriedigung eines Unterhaltsgläubigers nicht geeignet ist, wird empfohlen, im Regelfall die Abnahme ohne vorherigen Pfändungsversuch zu beantragen. Wenn der Schuldner die Vermögensauskunft abgibt, lässt sich daraus ersehen, welche Zugriffsobjekte für die Zwangsvollstreckung bestehen.

Wenn der Schuldner dagegen zu dem Termin nicht erscheint, wird häufig der Erlass eines Haftbefehls (Modul H des Formulars) beantragt. Das führt allerdings zu einer oft nicht unerheblichen Verzögerung des Verfahrens, weil der Gerichtsvollzieher seinen Vorgang zunächst dem Vollstreckungsgericht vorlegen muss und erst nach Eingang des Haftbefehls bei ihm weiter vollstrecken kann. Der Gläubiger sollte stattdessen erwägen, für diesen Fall das Modul M des Formulars zu nutzen und den Gerichtsvollzieher zu beauftragen, gem. § 802l ZPO Auskünfte über das Vermögen des Schuldners einzuholen. Danach kann der Gerichtsvollzieher, wenn der Schuldner seiner Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist (dasselbe gilt im Übrigen, wenn die in der Vermögensauskunft bezeichneten Vermögensgegenstände nicht zeitnah zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers führen) bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung den Namen, die Vornamen oder die Firma sowie die Anschriften der derzeitigen Arbeitgeber eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Schuldners erheben, und/oder das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die für den Schuldner verzeichneten Kontodaten abzurufen sowie beim Kraftfahrt-Bundesamt die Fahrzeug- und Halterdaten zu einem Fahrzeug, als dessen Halter der Schuldner eingetragen ist, erheben. Von besonderem Interesse für den Unterhaltsgläubiger ist dabei die Frage nach Arbeitgebern und Konten, weil dadurch gegebenenfalls eine laufende Vollstreckung des Unterhalts ermöglicht wird.

Beraterhinweis
Es sollte immer geprüft werden, ob die Beantragung eines Haftbefehls sinnvoll erscheint oder ob die Einholung von Drittauskünften ausreicht.

II. Vollstreckung in Arbeitseinkommen

1. Das pfändbare Einkommen

Die Vollstreckung in Forderungen des Schuldners, zu denen auch die Forderung auf Arbeitslohn gehört, erfolgt durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB), §§ 829, 836 ZPO. Für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sind nach §§ 2, 3 der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung die Formulare gem. Anlagen 3 (Pfändung für Unterhaltsansprüche) und 2 (alle übrigen Fälle) zur ZVFV zu nutzen. Daraus folgt, dass für die Vollstreckung von Unterhaltsforderungen ein besonderes Formular auszufüllen ist. Um zu verdeutlichen, welche Vorteile der Unterhaltsgläubiger gegenüber nicht privilegierten Gläubigern hat, werden in diesem Abschnitt aber auch die Grundzüge der Vollstreckung nicht privilegierter Forderungen behandelt. Vorab ist zu prüfen, ob dem Schuldner aufgegeben werden sollte, Urkunden herauszugeben. Denn nach § 836 Abs. 3 ZPO ist der Schuldner verpflichtet, dem Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen und ...


Selbststudium nach § 15 FAO mit dem FamRB: Zu diesem Beitrag finden Sie die Lernerfolgskontrolle online bis zum 31.12.2022 unter www.otto-schmidt.de/15fao.
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 12.04.2022 10:23
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

zurück zur vorherigen Seite