Otto Schmidt Verlag

LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 15.3.2022 - 5 Sa 122/21

Einhaltung der Kündigungserklärungsfrist im Falle von Mutterschutz oder Elternzeit

Die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist gewahrt, wenn der Arbeitgeber im Falle von Mutterschutz oder Elternzeit die behördliche Zulässigkeitserklärung innerhalb der Zwei-Wochen-Frist beantragt hat, gegen die Versagung der Zulässigkeitserklärung rechtzeitig Widerspruch bzw. Klage erhoben hat und sodann die außerordentliche Kündigung unverzüglich nach Kenntnisnahme vom Wegfall des Zustimmungserfordernisses (Ende des Mutterschutzes oder der Elternzeit) ausspricht.

Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung. Die Klägerin ist bei der Beklagten angestellt zur Vermittlung und Betreuung von Ferienwohnungen. Die Kündigung erfolgte aufgrund eines Vorfalls im Mai 2019, bei dem die Klägerin eine eingenommene Kurtaxe i.H.v. 56,- € nicht an die Beklagte abgeführt hatte.

Da die Klägerin zu diesem Zeitpunkt schwanger war, beantragte die Beklagte beim Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-Vorpommern (LaGuS), die beabsichtigte außerordentliche Kündigung der Klägerin für zulässig zu erklären. Ab dem 24.6.2019 galt für die Klägerin ein Beschäftigungsverbot. Das LaGuS versagte mit Bescheid vom 15.7.2019 seine Zustimmung zur Kündigung. Die Beklagte legte hiergegen am 14.8.2019 Widerspruch ein.

Die Klägerin brachte am 4.9.2019 ihr Kind zur Welt und nahm anschließend Elternzeit bis zum 3.9.2020, die sie antragsgemäß erhielt.

Das LaGuS wies mit Bescheid vom 19.12.2019 den Widerspruch der Beklagten zurück, woraufhin diese am 21.1.2020 Klage beim Verwaltungsgericht erhob.

Am 3.9.2020 endete die Elternzeit der Klägerin. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 4.9.2020 außerordentlich und fristlos. Das Kündigungsschreiben ging noch am 4.9.2020 zu.

Das ArbG wies die Kündigungsschutzklage ab. In der Berufungsinstanz wurde insbesondere darum gestritten, ob die Kündigungserklärungsfrist eingehalten wurde. Die Klägerin ist der Ansicht, das ArbG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt sei. Die Beklagte hätte vor Ausspruch der Kündigung zunächst den beschrittenen Verwaltungsrechtsweg zu Ende gehen müssen. Ein Arbeitgeber könne diese Frist nicht dadurch umgehen, dass er das Ende des Sonderkündigungsschutzes abwarte.

Das LAG wies die Berufung zurück. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist gewahrt. Nach dieser Vorschrift kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen, beginnend mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.

Hängt der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung von einer Zulässigkeitserklärung nach § 17 Abs. 2 MuSchG oder § 18 Abs. 1 BEEG ab, ist die Kündigungserklärungsfrist eingehalten, wenn innerhalb der Zwei-Wochen-Frist der entsprechende Antrag gestellt worden ist und die Kündigung nach Zustellung des die Kündigung für zulässig erklärenden Bescheides unverzüglich ausgesprochen wird. Damit wird weder die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB umgangen, noch der Sonderkündigungsschutz in der Schwangerschaft bzw. Elternzeit. Vielmehr sind auf diese Weise beide Regelungen in Einklang zu bringen. Es sind sowohl der Sinn und Zweck der Kündigungserklärungsfrist gewahrt, zeitnah Rechtssicherheit zu schaffen, als auch der Sinn und Zweck des Sonderkündigungsschutzes, während der Schwangerschaft oder Elternzeit vorübergehend einen erhöhten Bestandsschutz zu gewährleisten.

Der behördlichen Zulässigkeitserklärung steht der Wegfall des Zustimmungserfordernisses gleich. Ab Kenntnis der zum Wegfall des Zustimmungserfordernisses führenden Ereignisse ist die Kündigung unverzüglich auszusprechen, d.h. in der Regel am ersten folgenden Arbeitstag (LAG Köln v. 21.1.2000 - 11 Sa 1195/99).

Dem ist die Beklagte nachgekommen. Die außerordentliche Kündigung ist der Klägerin bereits am 1. Tag nach dem Ende der Elternzeit zugegangen.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 19.04.2022 15:01
Quelle: Justiz Mecklenburg-Vorpommern online

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