Otto Schmidt Verlag

OLG Oldenburg v. 1.6.2022 - 13 UF 82/21

Ehemann muss Ehefrau vereinbarte Abendgabe nach Scheidung zahlen

Die im Rahmen einer in Libyen geschlossenen Ehe für den Fall der Scheidung vereinbarte Zahlung einer sog. Abendgabe kann von der Ehefrau in Deutschland verlangt werden. Eine Vertragsanpassung ist auch dann nicht geboten, wenn die Ehefrau in Deutschland von Sozialleistungen lebt.

Der Sachverhalt:
Die Antragsgegner heirateten 2006 in Libyen. Dabei verpflichtete sich der Ehemann, der Frau anlässlich der Eheschließung eine goldene englische Münze und im Falle einer Scheidung eine sog. "Abendgabe" von 50.000 US-Dollar zu zahlen. Nachdem das Ehepaar nach Deutschland übergesiedelt war, wurde die Ehe 2021 vom AG geschieden.

Die Ehefrau verlangt die Erfüllung der vom Ehemann übernommenen Zahlungsverpflichtung. Dieser lehnte eine Zahlung ab. Er meinte, er müsse sich nicht an der Vereinbarung festhalten lassen. Die Klausel über die Abendgabe sei wegen einer Änderung der Verhältnisse anzupassen. Anders als in Deutschland gebe es in ihrem Heimatland keine staatliche Absicherung. Hier in Deutschland sei die Ehefrau aber auf die Abendgabe nicht mehr angewiesen. Sie lebe jetzt in einem Pflegeheim und habe daher keinen weiteren Versorgungsbedarf.

Das AG gab der Klage statt und verurteilte den Ehemann zur Zahlung von 40.000 €. Die Berufung des Ehemanns hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Das AG hat zu Recht entschieden, dass der Ehemann zur Zahlung verpflichtet ist.

"Pacta sunt servanda", an Verträge muss an sich halten. Eine Vertragsanpassung ist nicht deswegen geboten, weil die Ehefrau jetzt von Sozialleistungen lebt. Sozialhilfe stellt eine subsidiäre - also nachrangige – Leistung dar, die die Bedürftigkeit als solche nicht entfallen lässt. Der Anspruch eines Hilfsbedürftigen, der staatliche Unterstützung erhält, gegen einen Dritten geht auf den Staat über (§ 94 SGB XII). Auch die Tatsache, dass der Ehemann kein Erwerbseinkommen hat, führt nicht zu einer Vertragsanpassung. Es liegt im Risikobereich desjenigen, der eine vertragliche Verpflichtung eingeht, diese später auch erfüllen zu können.

Mehr zum Thema:

Aufsatz:

Neue Anknüpfungsparadigmen im Internationalen Eheschließungsrecht – Ist das IPR irrelevant?
Leonhard Hübner, FamRZ 2022, 585

Handbuch:
III. Morgengabe
Wever in >Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 7. Aufl. 2018

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 22.07.2022 14:21
Quelle: OLG Oldenburg PM vom 21.7.2022

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