Otto Schmidt Verlag

Aktuell im FamRB

Der eheliche Unterrichtungsanspruch und seine Bedeutung für den vorzeitigen Zugewinnausgleich (Bruns, FamRB 2022, 410)

Die Reichweite des Unterrichtungsanspruchs aus § 1353 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BGB ist unklar. Der Beitrag zeigt den Anspruchsinhalt und die Folgen für den vorzeitigen Zugewinnausgleich auf.


I. Einführung

II. Bedeutung des Unterrichtungsanspruchs

1. Zugewinnausgleich

2. Allgemeine Transparenz

III. Ergebnis und Ausblick


I. Einführung

§ 1353 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BGB verpflichtet die Ehegatten einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft. Diese Pflicht beinhaltet mannigfaltige Schutz- und Beistandspflichten, so auch den Anspruch, sich gegenseitig über Vermögensangelegenheiten zu unterrichten. Der BGH versteht darunter, dass die Ehegatten sich „gegenseitig wenigstens in groben Zügen über den Bestand ihres Vermögens zu informieren“ haben. Diese Formulierung ist kaum subsumtionsfähig. Daher überrascht es auch nicht, dass in der Kommentarliteratur keine Versuche unternommen werden, dieser Definition durch Fallgruppen oder Unterbegriffe Konturen zu geben.

II. Bedeutung des Unterrichtungsanspruchs

1. Zugewinnausgleich


Ihre Hauptbedeutung hat die Unterrichtungspflicht für den Zugewinnausgleich. Der Anspruch auf Zugewinnausgleich, der mit der Beendigung der gesetzlichen Gütergemeinschaft einhergeht (§ 1378 Abs. 3 Satz 1 BGB), setzt im Regelfall einen (formell) rechtskräftigen Scheidungsbeschluss und damit das Betreiben eines Scheidungsverfahrens voraus. Eine vorzeitige bzw. isolierte Auflösung der Zugewinngemeinschaft ist, wenn die Ehegatten sich nicht einig sind, nur in Ausnahmefällen möglich, nämlich bei 3-jähriger Trennung (§ 1385 Nr. 1 BGB), wenn Verfügungen über das Vermögen im Ganzen (§ 1365 BGB) anstehen oder Vermögensverschiebungen i.S.d. § 1375 Abs. 2 BGB drohen und dadurch eine erhebliche Gefährdung der Erfüllung der Ausgleichsforderung zu besorgen ist (§ 1385 Nr. 2 BGB), wenn der andere Ehegatte über längere Zeit wirtschaftliche Verpflichtungen aus dem Eheverhältnis schuldhaft nicht erfüllt und anzunehmen ist, dass dies auch in Zukunft so bleibt (§ 1385 Nr. 3 BGB), oder wenn ein Ehegatte sich ohne ausreichenden Grund beharrlich weigert oder bis zur Stellung des Antrags auf Auskunft beharrlich geweigert hat, den anderen Teil über den Bestand seines Vermögens zu unterrichten (§ 1385 Nr. 4 BGB). Da der ausgleichsberechtigte Ehegatte allein schon, um die Verzinsung anlaufen zu lassen, gleich nach der Trennung der Ehegatten Interesse an einer vorzeitigen Aufhebung der Zugewinngemeinschaft haben kann, und permanente Nachlässigkeiten bei der Erfüllung wirtschaftlicher Verpflichtungen aus dem Eheverhältnis angesichts der gelockerten Sorgfaltspflichten nur schwer darzustellen sind und kaum einmal das nötige Gewicht für eine Güterstandsänderung haben werden, kommt der letzten Variante (beharrliche Verweigerung der Unterrichtung) entscheidende Bedeutung zu. Freilich setzt dies voraus, dass der Auskunftsgläubiger an einer vorzeitigen Beendigung der Zugewinngemeinschaft interessiert ist. Oft ist das beim finanziell schwächeren Teil nicht der Fall, und oft ist das gerade der Ehegatte, der die Unterrichtung benötigt.

In der Rechtsprechung herrscht Einigkeit, dass mit der in § 1385 Nr. 4 BGB bezogenen Pflicht die allgemeine Unterrichtungspflicht aus § 1353 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB gemeint ist. Nach Auffassung des BGH handelt es sich bei der Unterrichtung i.S.d. § 1353 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BGB nicht (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 27.09.2022 14:43
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

zurück zur vorherigen Seite