Otto Schmidt Verlag

Aus dem FamRB

Unterstützungsmöglichkeiten des Bundesamts für Justiz im internationalen Familienrecht (Schlauß, FamRB 2022, 370)

Seit 15 Jahren ist das Bundesamt für Justiz (BfJ) Ansprechpartner im internationalen Rechtsverkehr. Als Zentrale Behörde und Kontaktpunkt in der justiziellen Zusammenarbeit im internationalen Zivilrecht leistet es Hilfestellung in grenzüberschreitenden Einzelfällen. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Unterstützungsmöglichkeiten des BfJ im internationalen Familienrecht. Zahlenmäßig besonders relevant ist das Serviceangebot zur Unterstützung der grenzüberschreitenden Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen. Im Bereich der elterlichen Verantwortung wird nach der seit dem 1.8.2022 zur Anwendung kommenden Brüssel-IIb-Verordnung die grenzüberschreitende Kommunikation noch stärker über das BfJ kanalisiert. Mit dem zum 1.4.2021 in Kraft getretenen Adoptionshilfe-Gesetz hat das BfJ ein eigenes Beschwerderecht gegen ausländische Adoptionen anerkennende Beschlüsse erhalten. Neu wurde auch die etablierte Stellung des BfJ im Bereich der grenzüberschreitenden Zustellung und Beweisaufnahme gesetzlich verankert.


1. Zentraler Ansprechpartner für den internationalen Rechtsverkehr

2. Europäisches Justizielles Netz/Europäisches Justizportal

3. Auslandsunterhalt

a) EG-Unterhaltsverordnung

b) Haager Unterhaltsübereinkommen von 2007

4. Internationales Sorgerecht

a) Brüssel-IIb-Verordnung

b) Haager Kindesentführungsübereinkommen

5. Internationale Adoptionen

6. Internationaler Urkundenverkehr

7. Grenzüberschreitende Zustellung und Beweisaufnahme

8. Ausblick


1. Zentraler Ansprechpartner für den internationalen Rechtsverkehr

Zur Förderung der grenzüberschreitenden justiziellen Zusammenarbeit hat sich international ein System von Zentralen Behörden bewährt. Das gilt gerade auch für das internationale Familienrecht. Die Zentralen Behörden und Kontaktstellen bieten in grenzüberschreitenden Fällen Unterstützung für Bürgerinnen und Bürger sowie für Gerichte und Behörden. In Deutschland werden diese Aufgaben auf Bundesebene vom Bundesamt für Justiz wahrgenommen.

2. Europäisches Justizielles Netz/Europäisches Justizportal

Einen übergeordneten allgemeinen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit in Zivilsachen bildet das Europäische Justizielle Netz (EJN) in Zivil- und Handelssachen. Vor rund 20 Jahren, zum 1.12.2002, nahm das Netzwerk seine Arbeit auf. Das EJN hat – über die Zusammenarbeit der Zentralen Behörden in speziellen Rechtsakten hinaus – die Aufgabe, die Gerichte informell im konkreten Einzelfall zu unterstützen, so z.B. bei Zustellungen und Beweisaufnahmen, bei einfach gelagerten Auskünften zum ausländischen Recht oder bei der Ermittlung von zuständigen Stellen.

Herzstück des EJN sind die Kontaktstellen in den Mitgliedstaaten. Deutsche Bundeskontaktstelle im EJN für Zivil- und Handelssachen ist das BfJ. Daneben gibt es in jedem Bundesland eine Landeskontaktstelle. Zu weiteren Mitgliedern im EJN zählen neben den Zentralen Behörden im internationalen Familienrecht u.a. auch vier Familienrichterinnen und -richter. Ein Merkblatt des BfJ informiert über die Kontakt- und Unterstützungsmöglichkeiten.

Informationen auf EU-Ebene sind über das Europäische Justizportal unter https://e-justice.europa.eu abrufbar. In diesem lassen sich – neben den europäischen Rechtsakten – z.B. Informationsblätter zum Recht der Mitgliedstaaten, Praktische Leitfäden zu EU-Instrumenten, (dynamische) Formulare und Informationen zu zuständigen Stellen oder zu Besonderheiten während der Corona-Pandemie finden. Auch der Europäische Gerichtsatlas ist Teil dieses neu gefassten Portals. Infolge des Krieges in der Ukraine finden sich hier zudem aktuelle Hinweise zur justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen in Bezug auf geflüchtete Kinder aus der Ukraine.

Beraterhinweis Die Verkennung der Pflicht, den Sachverhalt mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten aufzuklären, kann u.U. den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz verletzen. Das BVerfG hat dies in einem Fall bejaht, in dem trotz Amtsermittlungsgrundsatz aussichtsreiche Aufklärungsoptionen unterblieben waren und die Möglichkeiten des EJN zur Erleichterung der justiziellen Zusammenarbeit für die Sachverhaltsaufklärung gänzlich ungenutzt gelassen wurden.

3. Auslandsunterhalt

a) EG-Unterhaltsverordnung


In der Praxis ist es oft nicht einfach, einen Unterhaltsanspruch durchzusetzen, wenn die unterhaltspflichtige Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat. Zentrale Behörden leisten hier einen Beitrag dazu, praktische Schwierigkeiten abzubauen. Das BfJ als deutsche Zentrale Behörde nach § 4 Abs. 1 Auslandsunterhaltsgesetz (AUG) unterstützt in Deutschland lebende unterhaltsberechtigte Kinder und Alleinerziehende sowie öffentliche Stellen wie Jugendämter in ihrer Funktion als Beistände oder Unterhaltsvorschusskassen bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland. Umgekehrt treibt es auch die Unterhaltsansprüche im Ausland lebender Berechtigter in Deutschland bei. Erwirkte Unterhaltsgelder kommen den Unterhaltsberechtigten ungeschmälert zugute. Gleichzeitig werden die öffentlichen Haushalte entlastet, indem Unterhaltsvorschuss- und Sozialleistungen eingespart werden können bzw. im Fall erfolgter Leistungen Regress genommen werden kann. Ein umfangreiches Informations- und Serviceangebot des BfJ (einschließlich Broschüren und Merkblätter) findet sich unter www.bundesjustizamt.de/auslandsunterhalt.

Praktisch wichtigste Rechtsgrundlage im internationalen Unterhaltsrecht ist (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 11.10.2022 13:23
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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