Otto Schmidt Verlag

FG Münster v. 24.8.2022 - 7 K 1646/20 E

Zinsen aus nicht fremdüblichem Vertrag zwischen Angehörigen unterliegen nicht der Steuerpflicht

Von einem nahen Angehörigen erhaltene Zinsen sind nicht steuerpflichtig, wenn der zugrundeliegende Darlehensvertrag steuerlich nicht anzuerkennen ist. Unabhängig davon fehlt es an einer Überschusserzielungsabsicht, wenn ein hingegebenes Darlehen dieselben Konditionen enthält wie das Refinanzierungsdarlehen.

Der Sachverhalt:
Der Kläger stellte seinem Sohn am 30.9.2017 einen Betrag von 100.000 € darlehensweise zur Verfügung, den dieser zur Einzahlung in die Rücklage einer in Liquiditätsschwierigkeiten befindlichen GmbH benötigte. Hierfür nahm der Kläger ein Darlehen in gleicher Höhe bei einer Bank auf und gab die mit der Bank vereinbarte Vertragslaufzeit und den Zinssatz von 2,5 % pro Jahr an seinen Sohn weiter. Im Darlehensvertrag mit dem Sohn ist ferner geregelt, dass der Sohn "auf jederzeit mögliches Verlangen Sicherheiten in Höhe der valutierenden Darlehnssumme zu stellen" habe. Die Zahlung der Zins- und Tilgungsraten erfolgte unmittelbar von der GmbH an die Bank.

Das Finanzamt unterwarf beim Kläger Zinseinnahmen i.H.v. 625 € für 2017 bzw. 2.500 € für 2018 dem Abgeltungssteuersatz von 25 %. Hiergegen wandte der Kläger ein, dass der Abgeltungssteuersatz bei Darlehen zwischen nahestehenden Personen gem. § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a EStG keine Anwendung finde und der Vertrag überdies nicht fremdüblich sei.

Das FG gab der Klage vollumfänglich statt.

Die Gründe:
Der Kläger hat in den Streitjahren keine Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt. Der zwischen ihm und seinem Sohn geschlossene Darlehensvertrag hält einem Fremdvergleich nicht stand. Zudem konnte der Kläger die Vermutung einer Einkünfteerzielungsabsicht bei Einkünften aus Kaptalvermögen widerlegen.

Der zwischen dem Kläger und seinem Sohn geschlossene Darlehensvertrag ist überwiegend privat motiviert und hält einem Fremdvergleich nicht stand. Hierfür spricht zunächst, dass der nicht gesicherte Rückzahlungsanspruch des Klägers gefährdet war, weil er im Wesentlichen von der wirtschaftlichen Entwicklung der GmbH abhing. Der Sohn war selbst nicht kreditwürdig und auch nicht in der Lage, Sicherheiten zu stellen. Die diesbezügliche Regelung im Darlehensvertrag ist zu unbestimmt, um als echte bank- bzw. fremdübliche Sicherung gewertet werden zu können. Dass die Bank keine gesonderten Sicherheiten vom Kläger gefordert hat, ist unerheblich, da die wirtschaftliche Situation des Klägers mit derjenigen seines Sohnes nicht vergleichbar ist. Schließlich hätte sich ein fremder Dritter einen Aufschlag auf den vereinbarten Refinanzierungszins gewähren lassen.

Unabhängig davon fehlt dem Kläger die Überschusserzielungsabsicht. Wegen des Werbungskostenabzugsverbots und der beschränkten Verlustverrechnung wird die Einkünfteerzielungsabsicht zwar bei Kapitalerträgen grundsätzlich vermutet. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden, wenn ein positives Ergebnis von vornherein wirtschaftlich ausgeschlossen erscheint. Im Streitfall ist ein irgendwie gearteter positiver Ertrag des Klägers wegen der gleichen Zinshöhe in beiden Darlehensverträgen nicht denkbar. Die Refinanzierungszinsen sind dabei trotz des Werbungskostenabzugsverbots in die Totalergebnisprognose einzubeziehen, da das Merkmal der Überschusserzielungsabsicht steuerlich beachtliches Erwerbshandeln von steuerlich unbeachtlichem Handeln aus privaten Motiven abgrenzen soll.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 18.10.2022 09:51
Quelle: FG Münster NL vom 17.10.2022

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