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OLG Braunschweig v. 10.10.2022 - 5 VA 1/22

Die sog. Khol-Scheidung nach iranischem Recht ist anerkennungsfähig

Die sog. Khol-Scheidung nach iranischem Recht ist als Kombination der gerichtlichen Feststellung des Scheiterns der Ehe in dem nach §§ 8ff. des iranischen Gesetzes zum Schutze der Familie vom 4.2.1975 (FamSchutzG) durchzuführenden Verfahren und der anschließenden notariellen Registrierung gem. § 107 FamFG als gerichtliche Scheidung anerkennungsfähig. Die Gerichtsentscheidung, die die Unmöglichkeit einer Versöhnung feststellt, ist für die Scheidung konstitutiv, da nach deren Erlass keiner der Ehegatten allein den Vollzug der Scheidung mehr verhindern kann.

Der Sachverhalt:
Der Antragsteller hat die Anerkennung der Scheidung seiner 2017 in Teheran geschlossenen Ehe mit Frau S. begehrt. Er hatte bei der Eheschließung die iranische Staatsangehörigkeit, zum Zeitpunkt der Scheidung die deutsche und die iranische. Zu seiner Ehefrau hat er angegeben, sie habe bei der Eheschließung die iranische Staatsangehörigkeit, bei der Scheidung die iranische und die amerikanische. Der Antragsteller hat in Kopie und beglaubigter Übersetzung das iranische Urteil des Familiengerichts vorgelegt, mit dem die Unmöglichkeit einer Schlichtung bescheinigt sowie eine Regelung hinsichtlich der Mitgift der Ehefrau und des Brautgeldes getroffen wurde. Dazu gehörte auch die Beurkundung der Scheidung am 15.4.2020 durch einen Notar.

Der Präsident des OLG Braunschweig hat den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, es handele sich um eine entlassende, einvernehmliche Scheidung nach §§ 1146, 1133 iranisches Zivilgesetzbuch (ZGB), auch „Khol“ genannt. Dabei handele es sich nicht um eine gerichtliche Scheidung, sondern um eine sog. Privatscheidung mit Behördenbeteiligung. Bei dieser Scheidung stelle das Gericht auf Antrag beider Ehegatten die Unmöglichkeit der Versöhnung fest. Das Urteil entfalte jedoch keine konstitutive Wirkung für die Scheidung, diese erfolge vielmehr durch die später vor dem Notar abgegebene Scheidungserklärung des Ehemannes. Das hier anwendbare deutsche Recht kenne jedoch die sog. Privatscheidung nicht, vielmehr habe die Scheidung gem. § 1564 BGB stets durch eine gerichtliche Entscheidung zu erfolgen. Eine Anerkennung sei daher nicht möglich.

Der Präsident des OLG hat eine Änderung des Bescheides im Wege der Abhilfe abgelehnt. Das OLG hat den Bescheid aufgehoben und dem Antrag stattgegeben. Allerdings wurde die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Die Gründe:
Die Voraussetzungen für eine Anerkennung der iranischen Scheidung liegen vor.

Die sog. Khol-Scheidung nach iranischem Recht ist als Kombination der gerichtlichen Feststellung des Scheiterns der Ehe in dem nach §§ 8ff. des iranischen Gesetzes zum Schutze der Familie vom 4.2.1975 (FamSchutzG) durchzuführenden Verfahren und der anschließenden notariellen Registrierung gem. § 107 FamFG als gerichtliche Scheidung anerkennungsfähig. Die Gerichtsentscheidung, die die Unmöglichkeit einer Versöhnung feststellt, ist für die Scheidung konstitutiv, da nach deren Erlass keiner der Ehegatten allein den Vollzug der Scheidung mehr verhindern kann.

Allerdings ist die Rechtsbeschwerde gem. § 70 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 FamFG zuzulassen, da der Senat von der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 19.10.2015 (Az.: 13 VA 2/15) abweicht und eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 29.11.2022 10:12
Quelle: Niedersächsisches Landesjustizportal

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