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Ist die Sozialabfindung Vermögen oder Einkommen im Sinne des Unterhaltsrechts? (Bruns , FamRB 2022, 498)

Seit einer BGH-Entscheidung aus dem Jahr 1981 ist es ständige Rechtsprechung der Familiengerichte, dass die aus Anlass der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gezahlte Sozialabfindung unter bestimmten Umständen kein Vermögen, sondern bei der Berechnung des Trennungsunterhalts als Einkommen zu berücksichtigen ist. Im Gegenzug ist sie beim Zugewinn im Endvermögen des Ehegatten, der aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, nicht aufzuführen.

A. Einleitung
B. Sozialabfindung als Vermögen
C. Zusammenfassung und Ausblick


A. Einleitung

Nach § 1581 Satz 2 BGB muss der Unterhaltspflichtige für den nachehelichen Unterhalt den Stamm seines Vermögens nicht einsetzen, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Gleiches gilt für den Trennungsunterhalt. Demgegenüber muss er sein Einkommen, das – wie insb. Arbeitsentgelt, Unterhalt oder Renten – zur Deckung des laufenden künftigen Lebensbedarfs benötigt wird, vollständig in die Unterhaltsberechnung einstellen. Beim Zugewinn umfasst das Anfangs- und Endvermögen alle dem Ehegatten am jeweiligen Stichtag zustehenden rechtlich geschützten Positionen mit wirtschaftlichem Wert, mithin alle Sachen, die dem Ehegatten gehören und alle ihm zustehenden objektiv verwertbaren Rechte, die zum Stichtag entstanden und noch vorhanden sind, auch geschützte Anwartschaften mit ihrem gegenwärtigen Vermögenswert sowie die ihnen vergleichbaren Rechtsstellungen, die einen Anspruch auf künftige Leistung gewähren, sofern diese nicht (mehr) von einer Gegenleistung abhängig sind. Einen beiderseitigen Ansatz verbietet das Verbot der Doppelverwertung, wonach ein güterrechtlicher Ausgleich nicht zu einer Mehrfachbelastung des Pflichtigen führen darf. Deshalb darf ein solcher Ausgleich nicht stattfinden, soweit eine Vermögensposition bereits auf andere Weise, sei es unterhaltsrechtlich oder im Wege des Versorgungsausgleichs, ausgeglichen wird. Für das Verhältnis zwischen Unterhalt und Zugewinnausgleich kann nichts anderes gelten, auch wenn es insoweit an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung fehlt.

Fraglich ist daher, wo die Sozialabfindung einzuordnen ist.

B. Sozialabfindung als Vermögen
Der BGH hatte sich mit dieser Thematik erstmals Ende 1981 zu beschäftigen: Ehemann M war seit 1935 in einem Düsseldorfer Betrieb beschäftigt und hatte 1950 geheiratet. 1978 wurde der Betrieb geschlossen. M erhielt über einen Sozialplan eine Abfindung von 15.000 DM. Der BGH urteilte, die Abfindung wäre von den Ehegatten, wenn sie sich nicht getrennt hätten, gemeinsam verbraucht worden und sei daher ebenso Einkommen wie Arbeitsentgelt. In weiteren Entscheidungen hat der BGH diese Rechtsprechung auf individualrechtlich vereinbarte Abfindungen erstreckt. Demnach soll die Abfindung als (teilweiser) Ersatz des fortgefallenen Arbeitseinkommens dem (früheren) Arbeitnehmer ermöglichen, trotz des Verlusts des Arbeitsplatzes eine gewisse Zeit lang seine bisherigen wirtschaftlichen Verhältnisse aufrechtzuerhalten und damit auch seinen eigenen Unterhaltsbedarf in der bisherigen Höhe sicherzustellen.

Die Begründung erscheint dürftig. Verkauft ein Ehegatte ein Gartengrundstück, das er in die Ehe eingebracht hat, so mag er seinen Partner am Erlös teilhaben lassen. Einkommen wird daraus aber nicht. Auch bei der Abfindung braucht es einen triftigen Grund, warum ihr eine Ersatzfunktion für die Zukunft zukommen soll. Der Arbeitnehmer muss die Abfindung ja nicht zurückgeben, wenn er eine adäquate Anschlussbeschäftigung findet. Tatsächlich hat die Abfindung eine andere Funktion, nämlich den Arbeitnehmer am Mehrwert des Unternehmens partizipieren zu lassen, zu dem er als Arbeitnehmer beigetragen hat. Daher wird für die Bestimmung der Abfindung nicht nur auf das Gehalt geschaut, sondern auch ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 05.12.2022 11:12
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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