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Bilanzierung von Kreditverbindlichkeiten im Zugewinnausgleich in Zeiten gestiegener Geldentwertung (Hauß, FamRB 2023, 122)

Fast alle Immobilienerwerbe sind kreditfinanziert. Das gilt auch für Pkw und oftmals auch für die Finanzierung größerer Anschaffungen des allgemeinen Lebensbedarfs (Möbel etc.). Aus diesem Grund sind in vielen Ehescheidungen Kreditverbindlichkeiten zu berücksichtigen. Der Beitrag befasst sich mit der güterrechtlichen Bilanzierung von zukünftig fällig werdenden Kreditverbindlichkeiten eines Ehegatten. Der Verfasser hinterfragt – gerade in den heutigen inflationären Zeiten – die bisherige familienrechtliche Praxis.

1. Abzinsung zukünftiger Forderungen
2. Stichtagsbezogene „Marktbewertung“
3. Bewertungen im Familienrecht und Inflation


1. Abzinsung zukünftiger Forderungen

Für die güterrechtliche Bilanzierung von verzinslichen Kreditverbindlichkeiten eines Ehegatten hat sich in der Vergangenheit die Praxis etabliert, diese mit dem Wert der zum Stichtag offenen Kapitalforderung in die Zugewinnausgleichsbilanz einzustellen.

Die Berechtigung dieser familienrechtlichen Praxis ist indessen zu hinterfragen. Am Stichtag entstandene, aber noch nicht fällige Schulden belasten weniger als sofort zu erfüllende Verbindlichkeiten, weil sie erst bei Fälligkeit (möglicherweise in Jahren) zu zahlen sind. Die zukünftig fällig werdenden Darlehensraten sind daher als zukünftig fällige Forderungen abzuzinsen. Die Abzinsung zukünftiger Forderungen hat im Wesentlichen zwei Gründe: Zum einen wird dadurch die Geldentwertung und zum anderen die mangelnde Anlagemöglichkeit des Geldes ausgeglichen.

Werden die nach dem Stichtag fälligen offenen Darlehensraten mit dem Vertragszins des Darlehensvertrags auf das Ehezeitende abgezinst, entspricht die Summe der abgezinsten Raten der am Stichtag offenen Kapitalforderung.

Beispiel:
F(50) und M(47) lassen sich scheiden. F ist Eigentümerin einer von beiden bewohnten Immobilie, zu deren Erwerb F im Jahr 2015 einen Kredit in Höhe von 200.000 € zu einem Kreditzins von 3 % aufgenommen hat. Die Laufzeit des Kredits war über 20 Jahre angelegt. Die Jahresrate (Zins und Tilgung) beträgt 13.443,14 € und ist jeweils zum 31.12. eines jeden Jahres zu zahlen. Ehezeitende sei der 31.12.2020. Die kreditgebende Bank teilt die zu diesem Zeitpunkt offene Kapitalforderung mit 151.854,71 € mit.

Die Summe der 14 offenen Kreditraten beträgt 13.443,14 x 14 = 188.203,96 €. Da die Raten aber erst über einen Zeitraum von 14 Jahren fällig werden, wäre ihre Abzinsung zwischen Ehezeitende und dem jeweiligen Fälligkeitsdatum vorzunehmen, oder der Barwert einer Zahlung von jährlich 13.443,14 € über einen Zeitraum von 14 Jahren zu berechnen. Dies ermöglicht die Barwertformel für Ratenkredite: ....
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.03.2023 09:28
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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