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Aktuell im FamRB

Beratungspflichten bei Stiefkindadoptionen (Zschiebsch, FamRB 2023, 343)

Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Hilfen für Familien bei Adoption v. 12.2.2021 (BGBl. I, 226 – Adoptionshilfe-Gesetz), in Kraft seit dem 1.4.2021, wurden in den Fällen von Stiefkindadoptionen Minderjähriger zwingende Beratungspflichten eingeführt. Diese sind geregelt in § 9a Adoptionsvermittlungsgesetz. Der Beitrag befasst sich insbesondere mit den Rechtsfolgen fehlender Beratung.


1. Wer muss sich beraten lassen?

2. Beratung

3. Beratungsschein

4. Zeitpunkt der Beratung und Rechtsfolgen fehlender Beratung

5. Schlussbemerkung


1. Wer muss sich beraten lassen?

Beabsichtigt ein Stiefelternteil, ein minderjähriges Kind des Ehepartners, des Partners einer verfestigten Lebensgemeinschaft i.S.v. § 1766a BGB oder einer Lebenspartnerschaft im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG) anzunehmen, müssen die Eltern des Kindes, der Annehmende und das Kind sich von der Adoptionsvermittlungsstelle beraten lassen (§ 9a Abs. 1, 2, 5 AdVermiG, § 21 LPartG). Die Beratungsverpflichtung für den Annehmenden, seinen (Ehe-)Partner und das Kind besteht auch, wenn der andere Elternteil unbekannt oder bereits gestorben ist. Besteht keine rechtliche Vaterschaft (§§ 1592, 1553 BGB), muss sich der mögliche biologische Vater nur beraten lassen, wenn er gegenüber dem Familiengericht seine Vaterschaft glaubhaft macht und dem Adoptionsverfahren beitritt.

Aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich, dass die Beratungspflicht nur greift, wenn die Ehe noch zum Zeitpunkt der Annahme besteht (§ 9a Abs. 1 AdVermiG: Nimmt ein Ehegatte ein Kind seines Ehegatten an ...). Ist der Ehegatte bereits vorverstorben, ist die Ehe mit Eintritt des Todeszeitpunkts aufgelöst. Folglich müssen der annehmende verwitwete Ehegatte, das Kind und der noch lebende Elternteil sich nicht beraten lassen. Eine Ehe wird ferner aufgelöst mit Eintritt der Rechtskraft der Scheidung (§ 1564 Satz 2 BGB) und Aufhebung der Ehe (§ 1313 Satz 2 BGB). Mit der Schließung der neuen Ehe, die ein Ehegatte eingeht, nachdem der andere Ehegatte für tot erklärt worden ist, wird die frühere Ehe aufgelöst, wenn der frühere Ehegatte tatsächlich noch zum Zeitpunkt der Todeserklärung lebte und die beiden Ehegatten der neuen Ehe bei Eheschließung davon nichts wussten (§ 1319 Abs. 2 BGB). Vorstehendes gilt sinngemäß für Lebenspartnerschaften i.S.d. LPartG und verfestigte Lebensgemeinschaften i.S.d. § 1766a BGB.

In den möglichen Ausnahmefällen, in denen der annehmende Stiefelternteil in einer verfestigten Lebensgemeinschaft mit einem Dritten noch verheiratet ist (§ 1766a Abs. 3 BGB), (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 01.08.2023 10:48
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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